Internet Statement 2007-59

 

Abschaltungen der KKW Brunsbüttel und Krümmel:

Prompte Panikmache gegen Kernenergie - ohne jede sachliche Fundierung

Interessantes politisches Timing

Walter Grobe  29.6.2007    

Am Nachmittag des 28.6.07 kam es in zwei Kernkraftwerken in Schleswig-Holstein zu Schnellabschaltungen. Zunächst wurde den Angaben zufolge das KKW Brunsbüttel wegen eines Kurzschlusses abgeschaltet. Es fehlen bisher Angaben, was das für eine Art von Kurzschluß in Brunsbüttel war und worauf er zurückgeht.
Um 15.00 wurde ein Trafobrand bei dem KKW Krümmel festgestellt, das Kraftwerk selbst wurde abgeschaltet. Ob hier Brandstiftung oder aber eine andere Ursache vorliegt, wird staatsanwaltschaftlich untersucht. Möglicherweise hängen die beiden Ereignisse zusammen, bspw. wird vermutet, daß die Abschaltung in Brunsbüttel starke Netzschwankungen und den Trafobrand in Krümmel ausgelöst haben könnte. Ob starke Netzschwankungen aus anderen Gründen, bspw. infolge der Regelungsprobleme bei der Windenergie-Einspeisung eine Rolle gespielt haben, darüber hört man vorerst nichts. Beim E.on-Blackout im vergangenen November wurde bisher nicht überzeugend dargelegt, daß die Regelungsprobleme nichts mit der Windenergie zu tun gehabt hätten.

Angeblich läßt der Trafobrand sich noch immer nicht vollständig löschen, sodaß die Untersuchung der Ursachen noch nicht beginnen könne.

Die Schnellabschaltung eines KKW stellt keine Gefahr dar, weder für das Kraftwerk noch für die Umwelt. Zudem ist nicht klar, woher sie im vorliegenden Fall rührte. Ein Trafobrand ist nichts Ungewöhnliches und kommt bei Kraftwerken jeder Art vor, bei Kernkraftwerken wie bei Kohlekraftwerken und ebenso auch bei Windrädern. Und obwohl der Trafo in Krümmel außerhalb des Kernkraftwerks liegt und zudem eine Brandübertragung in das Kraftwerk so gut wie ausgeschlossen ist, es sei denn, man legt es darauf an, sprang sofort bei bestimmten Medien und Politikern die altgewohnte Propaganda gegen die Kernenergie wieder an. Während verschiedene Zeitungen der Sache gar keine oder kaum eine Notiz schenkten oder Anwohner zitierten, die nicht in der Laune waren, sich in Panik versetzen zu lassen, legte sich zunächst die „Welt“ ins Zeug und stellte ab 19.00 die Abschaltung zweier Kernkraftwerke groß heraus - und dann - natürlich - die ARD. Natürlich bekommen Gabriel und die SPD, bekommen Greenpeace usf. wieder Gelegenheit, öffentliche Aufregung anzuregen und erneut das Beharren auf dem sog. Kernenergie-Ausstieg zu fordern.

Gegenüber diesem Aufblasen abgestandener Phrasen muß zunächst einmal auf zwei politisch auffällige Punkte hingewiesen werden:

1. Die Sache wird aufgerührt in einem Moment, wo die Kritik an der Kernenergie-Ausstiegspolitik von Gabriel-Merkel schärfer wird und die Regierung langsam doch unter Druck kommt. Z.B. gab es endlich einmal etwas deutlichere Worte in der Öffentlichkeit wegen der schlimmen Politik der Deindustrialisierung Deutschlands mittels des sog. Klimaschutzes, der Politik der „erneuerbaren Energien“ und des sog. Kernenergie-Ausstiegs. Man lese z.B. das Interview des BASF-Vorstandsvorsitzenden Hambrecht im "Spiegel" v. 25.6.2007. Am Dienstag kommender Woche steht wieder ein sog „Energiegipfel“ der Regierung mit Wirtschaftsvertretern an, aus deren Kreisen teilweise mit Absage weiterer Gespräche gedroht wird, wenn die Regierung an ihrer spinnitiösen Politik festhalten sollte.

2. Die Störung passiert einmal mehr im Vattenfall-Konzern, dessen Chef Lars Josefsson ein Chefberater von Merkel-Gabriel bei der „erneuerbare-Energien“-Politik ist. Es ist noch nicht lange her, da passierten schon einmal bei Vattenfall - in Forsmark/Schweden etc. - Dinge, die manchen Politikern und Medien für erneute Panikmache gegen die Kernenergie wie gerufen kamen und keineswegs außerhalb des Verantwortungsbereichs der Konzernführung lagen. Vattenfall propagiert selbst massiv die Windenergie und ähnlichen Schwachsinn, der allerdings für den Konzern selbst und andere sagenhafte Profite verheißt, die aus Subventionen, nicht aus technischer Leistung sprudeln sollen. Derweil verbreitet der „Bundesverband Windenergie“ solche Märchen wie, man könne das gesamte Stromaufkommen der Kernenergie durch Windstrom ersetzen, und das koste auch „bloß“ 80 Milliarden Euro.

Die jetzigen Vorfälle als Kernenergie-Unfälle hinzustellen, ist schlicht unmöglich (außer natürlich für jemanden wie Gabriel, der sich nie zu schade ist, die Dinge völlig auf den Kopf zu stellen wenn er öffentlich unter Druck kommt und von den Medien dabei in obszöner Weise immer wieder das Forum bekommt). Aber damit sollte man sich nicht beruhigen. In der Vergangenheit hat es in der Tat bereits zwei schwerwiegende tatsächliche Kernenergie-Unfälle - in anderen Ländern - gegeben, deren Haupteigentümlichkeit darin lag, daß sie zu politischen Umschwüngen in Deutschland genutzt wurden. Das waren Harrisburg/USA 1979 und Tschernobyl/Sowjetunion 1986. Die Kernschmelze in Harrisburg ereignete sich just in dem Moment, wo in Deutschland eine weit in die Zukunft des ganzen Landes reichende Entscheidung anstand, über den Bau der nuklearen Wiederaufarbeitungs-Anlage. Während in den USA der Bevölkerung trotz wochenlanger hysterischer Panikmache nichts passierte, die Anlage dann irgendwann ausgeräumt wurde und heute als Museum dient, wurde in Deutschland die Wiederaufarbeitung gestoppt und der Entwicklung der Kernenergie und damit der Entwicklung der gesamten Ökonomie in Deutschland bereits eine schwere Blessur zugefügt. Im Falle von Tschernobyl, das vor allem bei SPD und Gewerkschaften in Deutschland, aber auch bei vielen Konservativen und Liberalen zur Herbeiführung einer Politik des Kernenergieausstiegs diente, liegt bis heute keine Erklärung der Hintergründe der krassen Manipulationen am Reaktor vor, die zu der Katastrophe geführt haben. Es bleibt auch bis heute unerklärt, wieso wegen Tschernobyl in Deutschland die Reaktoren abgeschaltet werden sollen, während sie in der damaligen Sowjetunion, heute der Ukraine und Rußland, weiterliefen, sogar einschließlich derer des eingestandenermaßen riskanten Tschernobyl-Typs, und heute überhaupt ein beträchtlicher Ausbau der Kernenergie in diesen Ländern geplant wird.

Man sollte diese merkwürdigen Beziehungen ungeklärter Kernenergie-Unfälle zur Politik in Deutschland keinesfalls vergessen, vor allem auch dann nicht, wenn morgen im Zeichen erneuter, unvermeidlich schärfer werdender Auseinandersetzungen um die Kernenergie in Deutschland Ereignisse gemeldet werden sollten, die auch einen Zacken schärfer sein können als der Trafobrand in Krümmel.


 

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