Internet Statement 2020-42

 

Fakten, über die man nicht hinweggehen kann

Die Wohnungsfrage ist eine Schwäche des Kapitalismus, in die man hineinstechen muß


Maria Weiß  20.06.2020      

Jeder Mensch braucht eine Wohnung. Wer sind denn Diejenigen, die dieses Recht so vielen Menschen verwehren? Was sind das für Strukturen, die das bewirken? Darüber sollte man einmal nachdenken.

Das ist nicht schwer zu beantworten. Das ist das System des Privateigentums an Grund und Boden und an den Produktionsmitteln. Das Privateigentum an Grund und Boden ermöglicht es, die Preise für den Grundbesitz und den sich darauf aufbauenden Besitz an Wohnungen in die Höhe zu treiben, wie es eben geht, wie es die Konkurrenz als auch das Verhältnis von Angebot und Nachfrage ermöglicht. Ist die Nachfrage hoch, kann man den Preis beliebig nach oben wachsen lassen. Und daß die Nachfrage groß ist, in einer Stadt, die wächst, wie Berlin zum Beispiel, der Hauptstadt Deutschlands gegenwärtig, das ist überhaupt kein Wunder. Da kann man eben die Mieten in die Höhe treiben wie man will. Und nebenbei, eine gewisse Boheme-Struktur an Obdachlosigkeit ist ja sogar erwünscht, das ist ja sozusagen „Milieu“. Diese Perversion kommt auch noch dazu.

Für die arbeitende Mehrheit der Menschen auch in dieser Hauptstadt Deutschlands bedeutet es aber, daß man unter ständigem Druck sitzt, so viel Geld zu verdienen, daß man seine Wohnung eben noch bezahlen kann. Und das wiederum bedeutet Abhängigkeit und Einschränkung. Abhängigkeit davon, daß man seinen Arbeitsplatz behält, und Einschränkung in all denjenigen gesellschaftlichen Aktivitäten, die man sonst vielleicht gerne noch unternehmen würde. Es bedeutet daher auch für sehr viele Menschen Einschränkung der persönlichen Entfaltung, wenn die Lohnverhältnisse eben so beschränkt sind, daß man das eben gar nicht machen kann, sich zu entfalten. Und wenn man Kinder hat, schon mal gar nicht. Das weiß ich aus eigener Erfahrung, wie das aussieht. Die Wohnungsfrage ist daher eine sehr prinzipielle Frage des gesellschaftlichen Systems. Und in einem System des Privatbesitzes an Grund und Boden sieht es eben entsprechend aus. Dann können eben die Grundbesitzer die Mieten in die Höhe treiben. Sie können damit spekulieren wie sie wollen, sofern das gesellschaftlich möglich ist, und das ist es eben in dieser Gesellschaft der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen.

Man mag ja im Nachhinein an der DDR vieles kritisieren. Aber eins haben sie gewährleistet: Jeder Mensch dort hatte eine Wohnung. Das darf man gar nicht unterschätzen. Das war zwar nicht besonders luxuriös, das war billig, das war nicht das, was einem vorschwebt, was man gerne erreichen möchte. Alles richtig. Aber es war eine Wohnung. Und viele Menschen, die das damals erlebt hatten und dachten, der Westen ist vielleicht besser, weil er mehr Möglichkeiten zur persönlichen Entfaltung liefert, haben sich arg getäuscht gesehen. So einfach ist das eben nicht. Das System der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen ist überholt. Es ist versucht worden, es geschichtlich zu überwinden. Das hat nicht geklappt, bis jetzt. Das heißt aber nicht, daß man es nicht weiterhin versuchen sollte, und daß die Antriebskräfte dafür nicht genau diese Widersprüche sind, die in diesem Ausbeutungssystem eben liegen, welche sich gegenwärtig überall auf der Welt wieder durchgesetzt zu haben scheinen. Keine Sorge, ich will nicht die Verhältnisse in der früheren DDR beschönigen, wo die Menschen wenig Entfaltungsmöglichkeiten hatten. Aber was ist denn die Schlussfolgerung daraus? Was muß man denn machen? Man muß versuchen, solche gesellschaftlichen Verhältnisse zu etablieren, die beides ermöglichen: sowohl Entfaltungsmöglichkeit als auch die Sicherung elementarer Grundbedürfnisse.

Was zeigt das? Es zeigt, daß das jetzige System, welches sich inzwischen wieder weltweit etabliert hat, das der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen, noch keineswegs das Ende der Fahnenstange darstellt - es geht weiter. Die Ansprüche der Menschen auf der ganzen Welt wachsen, die Menschheit wächst und die Menschheit wird es zustande bekommen, beides miteinander in Einklang zu bringen. Die soziale Unruhe, die sich gegenwärtig wieder überall auf der Welt entwickelt, zeigt, daß die Menschen es eben nicht aufgeben, ein besseres Leben zu erreichen.

Die heutige Demonstration in Berlin für bezahlbare Mieten für alle ist mehr als berechtigt.

Recht auf Wohnen und Kapitalismus - das passt nicht zusammen!

 

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