Internet Statement 2020-11

 

 

 

Ein paar spontane Bemerkungen zu dem nunmehr vollzogenen Austritt Großbritanniens aus der EU

 

 

Maria Weiß  03.02.2020

Unsere Organisation war von Anfang an der Ansicht, daß es günstiger ist, wenn Großbritannien in der EU drin ist, schon allein aus dem ganz simplen Grund, weil es sich dann nicht so leicht gegen die übrigen europäischen Staaten ausspielen läßt, woran vor allen Dingen die USA seit langem oder auch immer schon ein Interesse gehabt haben.

 

Was sich da jetzt vollendet hat, in Großbritannien, das ist überhaupt nicht günstig, das ist der vollzogene Austritt, für den seit einigen Jahren die Vorbereitungen gelaufen sind, für den bestimmte Kräfte vor allem in Großbritannien selber die Trommel gerührt haben, und zwar vor allen Dingen konservative Kräfte. Selbst wenn Schottland inzwischen erklärt hat, daß es auf jeden Fall wieder in die EU hinein möchte, dann ist das nur ein Teil. Das Hauptgewicht liegt nicht in Schottland. Das liegt eher im Süden als auch der Mitte des Landes.

 

Seit eh und je ist es ein besonderes Interesse vor allem des USA-Imperialismus gewesen, Großbritannien gegen Europa auszuspielen. Das war schon im ersten Weltkrieg so, und im zweiten erst recht. Und zwar nicht nur gegen Europa, sondern überhaupt gegen die europäische kontinentale Entwicklung sollte es ausgespielt werden. Der Nazismus in Deutschland, welcher damals zur gleichen Zeit ebenfalls gefördert wurde, ist dafür nur ein weiteres, allerdings ein umso gravierenderes Beispiel gewesen. Der Nazismus hat natürlich seinerseits, von der gegnerischen Seite her, die Vertiefung der Spaltung befördert. Ein weiteres Anliegen der USA in diesem Zusammenhang ist es auch immer gewesen, quasi bis heute bemerkbar, Russland gegen Großbritannien und umgekehrt auszuspielen, was natürlich während der EU Mitgliedschaft von Letzterem weitaus schwieriger gewesen ist. Erst kürzliche Hick-Hackereien und Unterstellungen wechselseitiger Spionageaktivitäten zwischen Russland und Großbritannien zeugen davon. Man erinnere sich des Falls Skripal.

 

Auch geschichtlich betrachtet ist Großbritannien immer so ein schwimmender Punkt zwischen dem europäischen und dem amerikanischen Kontinent gewesen. The Pilgrim Brothers, welche sich einst auf den Weg gemacht haben, waren nur erst der Anfang.

 

Ich kann mich noch gut erinnern, daß zu Beginn der 1970er Jahre, als es um die Frage ging, ob Großbritannien der EU beitreten sollte oder nicht, unsere Organisation schon damals einen Beitritt als zu begrüßen betrachtet und befürwortet hat. Allein schon aus dem Grund, aber auch nicht nur, daß das ständige Gegeneinander-Ausspielen damit ein Ende hätte, bzw. zumindest erheblich erschwert werden würde. Was jetzt aber mit der Austrittsentscheidung passiert ist, das dünkt einem wie eine Art Riß innerhalb Europas, welcher hier produziert worden ist.

 

Sicherlich hat die EU, vor allem Brüsseler Behörden, auch ihren Anteil daran, daß das zustande kommen konnte, weil sie vielleicht nicht genügend die Belange Englands oder Großbritanniens auf ökonomischem Gebiet berücksichtigt haben, so daß es britischen vor allem konservativen Kräften, die eh an einer Spaltung ein Interesse hatten, gelungen ist, beide Seiten gegeneinander auszuspielen. Die Abstimmung in Großbritannien über den Austritt spricht in dieser Hinsicht eine sehr deutliche Sprache, denn sie fiel entsprechend knapp aus. Das Votum für den Austritt hatte nur relativ wenige Stimmen mehr gegenüber denjenigen Kräften, welche den Verbleib befürworteten. Es gab sogar zwischendurch Überlegungen, sie deshalb wiederholen zu lassen, was aber nicht geschah.

 

Wer sich aber tatsächlich gegenwärtig darüber besonders freuen kann, das sind im Grunde die beiden sogenannten Supermächte oder besser gesagt ehemaligen Supermächte, die USA und Russland, die ehemalige Sowjetunion. Europäische Staaten auf dem Kontinent sollten sich aber davon nicht beeindrucken lassen, und so schwach die jetzige Brüsseler Führung auch sein mag, vielleicht wird es trotzdem geschafft, daß man diesen Fortschritt der europäischen Einigung, welcher hiermit einen Knacks zu bekommen droht, zu verteidigen fähig sein wird. Man wird sehen, was die Erfahrungen der nächsten Zeit zeigen werden, und vielleicht ist ja auch das Votum selbst als auch die daraus folgenden Konsequenzen noch nicht das letzte Wort, welches in dieser Hinsicht auch in Großbritannien gesprochen wird.

 

Unsere Organisation hat damals vom schwedischen Exil aus die Beitrittsbestrebungen Großbritanniens als zu begrüßen angesehen, obwohl wir selbst dem faschistischen Terror der damaligen herrschenden Clique in Berlin ausgesetzt waren, weil wir es gewagt hatten, uns gegen den Überfall der Polizei auf unsere 1. Mai- Demonstration 1972 zu verteidigen. Wer weiß, vielleicht ist die jetzige Entscheidung in Großbritannien ja noch nicht das Ende der Fahnenstange. Nun fragt sich vielleicht manch Einer: Was hat denn das miteinander zu tun? Dazu kann man sagen, daß es sehr wohl etwas miteinander zu tun hat, denn es geht letztlich auch in beiden Fällen um die Frage der Demokratie, sowohl der proletarischen als auch der bürgerlichen Demokratie. Wo Demokratie herrscht, da kann man seine Meinung und seine Vorgehensweise verteidigen. Wo das nicht der Fall ist, landet man für eine Meinung, die der herrschenden entgegen steht, sehr leicht im Gefängnis. Das betrifft zunächst den Gegensatz innerhalb eines oder der Staaten, den klassenbedingten Widerspruch. Nun gibt es aber auch noch die Gegensätze unter den Staaten, die betreffen die Konkurrenz und das wechselseitige Bestreben, den oder die anderen zu überrunden. Und daher gibt es eben auch die Möglichkeit, verschiedene europäische Staaten gegen einander auszuspielen, und letztere sind durch die jetzige Austrittsentscheidung Großbritanniens auf jeden Fall eher gewachsen als gesunken.

 

 

 

 

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