Internet Statement 2018-44

 

 

 

 

Zum 200. Geburtstag von Karl Marx

 

„Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert; es kommt aber darauf an, sie zu verändern.“

 

 

 

 

Uwe Müller  05.05.2018

Heute, am 5. Mai 2018, wird der 200. Geburtstag von Karl Marx gefeiert. Kaum eine Zeitung, die nicht einen Bericht über ihn veröffentlicht, einige TV-Sendungen über sein Leben und Wirken wurden extra aufgrund dieses Anlasses gedreht und ausgestrahlt. Selbst seine Gegner und Feinde, die Kapitalisten und deren Lobbyisten hierzulande und in aller Welt, kommen heute nicht mehr an Marx vorbei.

 

Er war nun einmal DER große Philosoph, Journalist, Literat, Historiker, Weltbürger, Wissenschaftler, Kommunist und insbesondere Revolutionär des 19. Jahrhunderts, dessen Werk und Wirken die ganze Welt massiv beeinflußt und die Entwicklung mit geprägt hat. Man kann ihn gut finden oder nicht, das kann niemand bestreiten.

 

Und was noch dazu kommt: Marx ist immer noch aktuell - und das 150 Jahre nach seinem theoretischen Hauptwerk „Das Kapital“!

 

Daß Marx heute noch aktuell und studierenswert ist, das ist gut und schlecht zugleich.

 

Schlecht, weil der Kapitalismus, dessen historische Bedeutung und dessen Gesetzmäßigkeiten kein anderer als Marx ebenso treffend wissenschaftlich analysiert wie er ihn leidenschaftlich bekämpft hat, noch immer das herrschende Gesellschaftssystem ist, da alle bisherigen Versuche, ihn zu überwinden und den Sozialismus aufzubauen, nach großen unbestreitbaren Erfolgen festgefahren und fehlgeschlagen sind. Marx ist immer noch aktuell, weil der Kapitalismus noch immer aktuell ist.

 

Man könnte fast sagen, Marx ist aktueller denn je. Die kapitalistischen Widersprüche spitzen sich derzeit zu wie lange nicht. Die Finanz- und Weltwirtschaftskrise von 2007/2008 hat die Krisenhaftigkeit des Kapitalismus wieder einmal in aller Schärfe der Welt vor Augen geführt. Sie konnte von den Herrschenden nur um den Preis der Verschärfung der Ausbeutung und der gigantischen Anhäufung weiterer Schuldenberge einigermaßen entschärft werden. Die Krisenursachen aber wirken weiter, die nächste Krise kündigt sich schon an und - kommt bestimmt. Wann genau, das kann niemand sagen. Was man aber jetzt schon sagen kann, die nächste Weltwirtschaftskrise wird tiefer und in ihren Auswirkungen noch krasser werden, als die vorige. Die stark wachsende Kluft zwischen Arm und Reich, nicht nur in den reichen Ländern des sogenannten Westens, die verschärfte Ausbeutung von Milliarden Proletariern rund um den Globus, die zunehmenden imperialistischen Kriege, der sich anbahnende Handelskrieg zwischen den USA und China und dem Rest der Welt, sind deutliche Signale, die niemand mehr leugnen kann. Sie alle sind dem Kapitalismus geschuldet, der tagtäglich über Leichen geht [1], dem nichts heilig ist - außer der eigene Profit, koste es, was es wolle. Gerade diese Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten hat Marx in aller Tiefe und Schärfe herausgearbeitet, was seine Lektüre auch heute noch so spannend und lehrreich macht.

 

Gut, weil es zeigt, daß die Herrschenden heute wieder zittern vor dem Gespenst des Kommunismus, wie es im Kommunistischen Manifest von 1848 heißt. Der Marxismus ist eben nicht tot zu kriegen (allen Versuchen ihn weichzuspülen oder zu verfälschen zum Trotz). Und das wird auch so bleiben, solange der Kapitalismus das herrschende Gesellschaftssystem bleibt. Die Aufgabe „alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist“ [2] , vor die sich Marx und alle seine Mitkämpfer, Vorläufer und Nachfolger seither gestellt sahen, steht noch immer auf der Tagesordnung.

 

Wurde von Marx und Engels im kommunistischen Manifest die fortschrittliche Rolle des Kapitalismus in der Geschichte prägnant gewürdigt [3], so haben sie dort aber auch schon die Überlebtheit desselben, das Umkippen dessen fortschrittlicher Rolle in eine reaktionäre gesellschaftlichen Fessel der menschlichen Weiterentwicklung geschildert und angeprangert. Real war das damals sicherlich zu weit gegriffen, das Manifest atmet den Schwung der revolutionären Zeit von 1848, das kann man auch heute noch beim Lesen spüren. Der Kapitalismus war damals erst in England so richtig zur Blüte gekommen. in Frankreich gab es durchaus schon nennenswerte Industrie und kampfbereites Proletariat, Deutschland aber war noch weitgehend vom Ackerbau und dem Manufakturwesen geprägt, große Industriebetriebe waren selten und noch die Ausnahme, der Kapitalismus als beherrschendes Gesellschaftssystem lag damals europaweit und weltweit gesehen erst noch in der Entwicklung begriffen. Wie ist das aber heute, 160 Jahre danach! Heute ist der Kapitalismus überlebt und längst nicht mehr zeitgemäß, von Afrika vielleicht mal abgesehen. Der seither noch enorm gesteigerten Entwicklung der Produktivkräfte, dem gewaltigen technischen und wissenschaftlichen Fortschritt, stehen die wie zementiert wirkenden Produktions- und Eigentumsverhältnisse in immer schärferem Gegensatz gegenüber. Das schnöde, egoistische Profitdenken ist längst nicht mehr zeitgemäß. Es wirkt sich zunehmend zerstörerisch aus, es wird immer mehr zu einer gewaltigen Vernichtungsorgie gegenüber der ganzen Menschheit und deren Lebensgrundlagen. Das tritt - allen Vernebelungsversuchen der herrschenden Ideologien zum Trotz - immer offener zu Tage. Dem technischen Fortschritt muß der soziale Fortschritt folgen, der Entwicklung der Produktivkräfte, die historische und teils gar noch aktuelle Leistung des Kapitalismus, muß die soziale Revolution folgen. Das war einer der Leitsprüche von Marx und er gilt heute noch. An dieser Stelle möchte ich kurz einhalten und ein Zitat anbringen, welche in geraffter Form den Wesenskern des Marxismus in Marx’ eigenen Worten sehr gut zum Ausdruck bringt:

 

„In der gesellschaftlichen Produktion ihres Lebens gehen die Menschen bestimmte, notwendige, von ihrem Willen unabhängige Verhältnisse ein, Produktionsverhältnisse, die einer bestimmten Entwicklungsstufe ihrer materiellen Produktivkräfte entsprechen. Die Gesamtheit dieser Produktionsverhältnisse bildet die ökonomische Struktur der Gesellschaft, die reale Basis, worauf sich ein juristischer und politischer Überbau erhebt und welcher bestimmte gesellschaftliche Bewußtseinsformen entsprechen. Die Produktionsweise des materiellen Lebens bedingt den sozialen, politischen und geistigen Lebensprozeß überhaupt. Es ist nicht das Bewußtsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewußtsein bestimmt. Auf einer gewissen Stufe ihrer Entwicklung geraten die materiellen Produktivkräfte der Gesellschaft in Widerspruch mit den vorhandenen Produktionsverhältnissen oder, was nur ein juristischer Ausdruck dafür ist, mit den Eigentumsverhältnissen, innerhalb deren sie sich bisher bewegt hatten. Aus Entwicklungsformen der Produktivkräfte schlagen diese Verhältnisse in Fesseln derselben um. Es tritt dann eine Epoche sozialer Revolution ein. Mit der Veränderung der ökonomischen Grundlage wälzt sich der ganze ungeheure Überbau langsamer oder rascher um. In der Betrachtung solcher Umwälzungen muß man stets unterscheiden zwischen der materiellen, naturwissenschaftlich treu zu konstatierenden Umwälzung in den ökonomischen Produktionsbedingungen und den juristischen, politischen, religiösen, künstlerischen oder philosophischen, kurz, ideologischen Formen, worin sich die Menschen dieses Konflikts bewußt werden und ihn ausfechten. Sowenig man das, was ein Individuum ist, nach dem beurteilt, was es sich selbst dünkt, ebensowenig kann man eine solche Umwälzungsepoche aus ihrem Bewußtsein beurteilen, sondern muß vielmehr dies Bewußtsein aus den Widersprüchen des materiellen Lebens, aus dem vorhandenen Konflikt zwischen gesellschaftlichen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen erklären. Eine Gesellschaftsformation geht nie unter, bevor alle Produktivkräfte entwickelt sind, für die sie weit genug ist, und neue höhere Produktionsverhältnisse treten nie an die Stelle, bevor die materiellen Existenzbedingungen derselben im Schoß der alten Gesellschaft selbst ausgebrütet worden sind. Daher stellt sich die Menschheit immer nur Aufgaben, die sie lösen kann, denn genauer betrachtet wird sich stets finden, daß die Aufgabe selbst nur entspringt, wo die materiellen Bedingungen ihrer Lösung schon vorhanden oder wenigstens im Prozeß ihres Werdens begriffen sind. In großen Umrissen können asiatische, antike, feudale und modern bürgerliche Produktionsweisen als progressive Epochen der ökonomischen Gesellschaftsformation bezeichnet werden. Die bürgerlichen Produktionsverhältnisse sind die letzte antagonistische Form des gesellschaftlichen Produktionsprozesses, antagonistisch nicht im Sinn von individuellem Antagonismus, sondern eines aus den gesellschaftlichen Lebensbedingungen der Individuen hervorwachsenden Antagonismus, aber die im Schoß der bürgerlichen Gesellschaft sich entwickelnden Produktivkräfte schaffen zugleich die materiellen Bedingungen zur Lösung dieses Antagonismus. Mit dieser Gesellschaftsformation schließt daher die Vorgeschichte der menschlichen Gesellschaft ab.“ aus dem Vorwort zur „Zur Kritik der politischen Ökonomie“ aus dem Jahr 1859, in MEW Band 13, Seite 8/9

 

Für ungeübte Leser, für Leser, die den Marxismus nur von Hörensagen kennen, mag das abstrakt oder gar konstruiert erscheinen. Man vergleiche aber diesen Ansatz mit den gängigen Gesellschaftstheorien, die den Kapitalismus für das letzte Wort der Geschichte halten und behaupten, daß er doch die Beste aller Gesellschaftsformen sei. Sie haben Anfang der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion (des Revisionismus) vollmundig die Geschichte für beendet erklärt [4]. Keine 10 Jahre hat es gedauert, bis offensichtlich wurde, daß jetzt, wo der Kapitalismus wieder über die ganze Welt regiert (auch in China herrscht heute der Kapitalismus, auch wenn die Regierung sich noch kommunistisch nennen mag), dessen Widersprüche erst recht sich verschärfen und seine Überlebtheit sich so schnell wieder zeigen würde. Ein erster Markstein dieser von George W. Bush ausgerufenen „neuen Weltordnung“ war 1991 der Krieg gegen den Irak, der Millionen Tote zur Folge hatte und den Irak, ein Land mit tausendjähriger Geschichte und Kultur, eine der Quellen der europäischen Zivilisation, in einen Zustand der Barbarei gebombt hat.

 

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Heißt das nun, zurück zu Marx?

 

Keineswegs. Wir, wie viele fortschrittlichen Menschen auch, waren sowieso nie weg von Marx. Der Marxismus ist nach wie vor eine wesentliche, unverzichtbare Basis, um die gesellschaftlichen Verhältnisse und Entwicklungsgesetze verstehen zu können, um darauf gestützt für den sozialen Fortschritt, für die soziale Revolution kämpfen zu können. Es ist und war aber nie die einzige Basis. Die Welt hat sich seit Marx weiterentwickelt, es gab im Gefolge des ersten Weltkriegs unter Führung von Lenin die erste siegreiche sozialistische Revolution in Rußland, die die Welt erschüttert und für immer geprägt hat (im Guten wie im weniger Guten), im Gefolge des zweiten Weltkriegs siegte die sozialistische Revolution unter Führung von Mao Tsetung in China, der Befreiungskampf der unterdrückten und kolonialisierten Völker und Länder nahm einen riesigen Aufschwung. All die dabei gemachten Erfahrungen, alle Erfolge wie alle Fehler und Niederlagen, all die Weiterführung der theoretischen Grundlagen des Marxismus seit Marx, bilden heute die Grundlagen für den Kampf um die Befreiung von jeglicher Ausbeutung, für die soziale Revolution. Und nicht bloß marxistische Autoren, es gibt auch bürgerliche, demokratische Autoren und Wissenschaftler, die fähig sind, den Kapitalismus kritisch zu sehen, die Fakten und Erkenntnisse liefern, die dem sozialen Fortschritt dienlich sind.

 

Hinzu kommt, daß man immer auch die theoretische Grundlage anhand der Praxis überprüfen und ggf. korrigieren und weiterentwickeln muß. Auch das kann man von Marx lernen. Er selbst wäre der Letzte gewesen anzunehmen, daß seine Theorie für ewige Zeiten unveränderlich und in Stein gemeißelt sei. Viele sogenannte Marxisten sahen das anders, es gab sogar welche wie z.B. Kautsky oder Plechanow, die sich selbst als „orthodoxe Marxisten“ bezeichnet haben - ein Widerspruch in sich. Und viele, die Marx als ihren „Meister“ betitelten und nichts, aber auch gar nichts auf ihn kommen ließen und ihn wie einen Heiligen behandelten. Genau so schematisch und dogmatisch sah ihr Marxismus denn auch aus. Und wie scharf wurde seinerzeit z.B. Rosa Luxemburg von den „Größen“ der damaligen Sozialdemokratie angegangen und quasi verhetzt, nur weil sie es gewagt hatte, den „großen Meister“ und „heiligen“ Marx zu kritisieren [5]. Inhaltlich wurde auf ihre Kritik, die durchaus konstruktiv und anregend war, kaum oder nur verzerrt eingegangen. Ebenso rigide wurde von solchen selbst ernannten Gralshütern des Marxismus auch mit Lenin verfahren, der mit seiner Schrift “Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“ von 1916, in der er während des 1. Weltkrieges die Entwicklung des Kapitalismus, dessen neue Erscheinungsformen seit 1895 (dem Tod von Engels) analysiert und versucht hat, diese auch theoretisch zu begründen. Die schematische und orthodoxe (und somit völlig falsche) Behandlung des Marxismus nicht nur in der späteren DDR war hier schon angelegt. Marx war weder Heiliger, noch Heilsbringer. Er war ein Mensch aus Fleisch und Blut. Und er war ein Wissenschaftler, und jede echte Wissenschaft entwickelt sich bekanntlich auch weiter.

 

 

Marx der Revolutionär - Klassenkampf als Motor der Geschichte

 

Marx war nicht der erste Kommunist, er war auch nicht der Erste, der die Existenz der Klassen und den Klassenkampf als den Motor der Geschichte entdeckt hat. „Was ich neu tat, war 1. nachzuweisen, daß die Existenz der Klassen bloß an bestimmte historische Entwicklungsphasen der Produktion gebunden ist; 2. daß der Klassenkampf notwendig zur Diktatur des Proletariats führt; 3. daß diese Diktatur selbst nur den Übergang zur Aufhebung aller Klassen und zur klassenlosen Gesellschaft bildet.“ schrieb Marx 1852 in einem Brief an seinen Genossen Joseph Weydemeier.

 

Damit sind gleich auch alle heutigen Marx-„Freunde“ [6] widerlegt, die Marx als den guten braven Philosophen, Schreiberling und Pazifisten darstellen, der gegen jede Art von Diktatur und gewaltsamer Revolution gewesen sei. Ganz im Gegenteil, Marx war, seit er zum Kommunisten wurde, Revolutionär im Dienste des Proletariats mit Haut und Haaren. Für ihn war der Klassenkampf der Motor der Geschichte, und „Die Gewalt (ist) der Geburtshelfer jeder alten Gesellschaft, die mit einer neuen schwanger geht.“ Und davon ist er auch nie abgegangen. Mit großer Begeisterung hat er bei aller Kritik an einzelnen Punkten die Pariser Commune von 1871 von London aus unterstützt. Und niemand Anderer als er hat nach der blutigen Niederschlagung dieser ersten proletarischen Revolution durch französische und preußische Truppen (die nicht lange zuvor sich gegenseitig bekriegt hatten!) den heldenhaften Kämpfern der Commune ein unvergleichliches literarisches Denkmal gesetzt [7]. Noch mehr, hat es ihn darin nur noch bestärkt, daß eine Diktatur des Proletariats zur erfolgreichen Durchführung und Behauptung der sozialistischen, proletarischen Revolution unabdingbar sein wird. Die Bourgeoisie wird niemals ihre Macht kampflos hergeben. Um ihre Herrschaft, die Herrschaft des Kapitals, aufrecht zu erhalten, gehen sie über Leichenberge und schrecken vor Terror nicht zurück. Das war die praktische Lehre der Pariser Commune! Die Losung der Diktatur des Proletariats ist seitdem fester Bestandteil aller Programme wirklicher Revolutionäre. Und das gilt auch heute noch.

 

Wir haben heute ja weit mehr Beispiele. Nehmen wir nur einmal den Interventionskrieg, den die USA, England, Frankreich, Deutschland und viele andere Staaten 1917/18 gegen das revolutionäre Rußland geführt haben. Da waren sich damals nahezu alle imperialistischen Regierungen einig, die sozialistische Revolution muß bekämpft werden, Völkerrecht hin oder her. Dieser Interventionskrieg und der dadurch befeuerte Bürgerkrieg in Rußland, der bis 1923 gedauert hat, kostete über einer Million Menschen das Leben. Das sollten all jene mal zur Kenntnis nehmen, die über die angeblichen Opfer des Kommunismus lamentieren. Aber wen wundert’s, stehen solche Kräfte doch völlig im Dienste des herrschenden Kapitalismus. Wenn es um die Aufrechterhaltung der Ausbeutung und des Profitsystems geht, kennen die Ausbeuter keine Gnade.

 

 

Soziale Revolution!

Reformen und Regulierung des Kapitalismus sind bloß Betrug

 

Hierin liegt auch der Grund weswegen dem Kapitalismus nicht mir Reformen oder Regulierung beizukommen ist. Einen sozialen Kapitalismus gibt es nicht und kann es nicht geben. Auch diese Erkenntnis kann man schon bei Marx finden. Daß z.B. hier in Deutschland zeitweise die sogenannte „soziale Marktwirtschaft“ praktiziert wurde, hatte mit der Herausforderung des Kapitalismus durch die Revolution in Rußland und insbesondere mit der Revolution in China zu tun. Westdeutschland wurde zum Frontstaat des Kapitalismus (des sogenannten „Westens“) aufgebaut und die Auswirkungen der kapitalistsischen Ausbeutung hierzulande gedämpft, der Kapitalismus bekam hier ein soziales Mäntelchen umgehängt, ohne natürlich sein Wesen zu verändern. Finanziert wurde das aus der internationalen Ausbeutung, von der Deutschland bis heute sehr stark mit profitiert. Kaum war der „reale Sozialismus“ (wir sagen der Revisionismus) zusammengebrochen, war’s auch schnell mit dem „sozialen“ vorbei. Nicht lange, und es kamen die Hartz-Gesetze, die auch hier wieder die Ausbeutung verschärft haben. Es war gerade der Fehler der sehr großen anfänglichen Anti-Hartz-Bewegung, daß sie, anstatt den Klassenkampf aufzunehmen und sich mit der internationalen Arbeiterschaft zu verbünden suchten, lediglich die lahme Forderung “Wir wollen unseren Sozialstaat wieder haben.“ auf ihre Fahnen geschrieben haben. Was die Lage der Arbeiter in anderen Ländern anging, das war der großen Mehrheit dieser Bewegung ziemlich egal. Eine solche Haltung und Ausrichtung war nicht nur illusorisch, es war auch unsolidarisch und parasitär gegenüber den Arbeitern rund um den Globus.

So sieht es wohl aus, wenn ein großer Teil der Arbeiterklasse über Jahrzehnte korrumpiert und gleichzeitig entpolitisiert wurde. Das hat natürlich noch weitere, tiefergehnde Ursachen, wir haben das schon oft behandelt, wir werden aber immer wieder darauf zurückkommen. Denn ohne solche Fehler abzustellen, ohne die Illusionen abzustreifen, ohne internationale Ausrichtung - wird es nichts mit gesellschaftlichem Fortschritt für die große Mehrheit der Bevölkerung nicht nur hier bei uns und schon gar nicht weltweit.

 

Auch diesen internationalen Standpunkt und Ansatz kann man schon bei Marx finden. Es war kein Zufall, daß Marx 1864 zu den Initiatoren und Führern der ersten Internationalen Arbeiterassoziation zählte. In Bezug auf das damalige England und die damalige englische Arbeiterklasse haben Marx und Engels auch unmißverständlich klar gemacht, daß eine Arbeiterklasse sich nicht von der Ausbeutung befreien kann, die sich nicht auch gegen die Unterdrückung und Ausbeutung eines anderen Volkes, in diesem Falle Irlands, wendet und dagegen kämpft. Viele irirsche Arbeiter waren damals aus purer Not nach England ausgewandert, und bildeten dort die unterste Schicht der Arbeiterklasse.

 

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Hier muß ich abbrechen bzw. unterbrechen, sonst ist der 200. Geburtstag des Karl Marx schon wieder vorbei. Dabei bin ich noch lange nicht fertig mit meinen Gedanken. Ich werde ein andermal darauf zurückkommen.

 

 

 

 

 

 

 

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(1) Nichts ist verlogener als die Aufzählung der Millionen Toten, die angeblich Marx und der Kommunismus zu verantworten haben, wie das etwa die Antikommunisten des Wallstreet Journals und der „Welt“ tun. Geht doch der von ihnen so heiß geliebte Kapitalismus tagtäglich über Leichen. Man lese doch nur mal „Die Lage der arbeitenden Klasse in England“ aus dem Jahre 1845 von Friedrich Engels, in dem er die Verhältnisse des frühen Manchesterkapitalismus in all ihrer Brutalität schildert, und vergleiche das mit den Zuständen wie sie noch heute in weiten Teilen der Welt, in Asien, Afrika und Lateinamerika, ja selbst auch in Teilen von Europa und den USA (wieder oder immer noch) herrschen! Auch der heutige Kapitalismus erhält sich nur am Leben, indem er die Springquellen des Reichtums, die Arbeiter und die Natur, ausbeutet und untergräbt. Er kann gar nicht anders, da er auf Klassenherrschaft und Ausbeutung begründet ist. Diese so einfache wie bedeutende Erkenntnis haben wir niemand anderem zu verdanken, als Karl Marx und seinen Mitstreiter Friedrich Engels. - zurück zum Text -

 

[2] Das Zitat stammt aus der Einleitung zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie aus dem Jahre 1843/44, als Marx sich aus einem Demokraten zu einem Kommunisten entwickelte. Aufgrund seiner Prägnaz, möchte ich hier daraus noch ausführlicher zitieren:

„Die Waffe der Kritik kann allerdings die Kritik der Waffen nicht ersetzen, die materielle Gewalt muß gestürzt werden durch materielle Gewalt, allein auch die Theorie wird zur materiellen Gewalt, sobald sie die Massen ergreift. Die Theorie ist fähig, die Massen zu ergreifen, sobald sie ad hominem |am Menschen| demonstriert, und sie demonstriert ad hominem, sobald sie radikal wird. Radikal sein ist die Sache an der Wurzel fassen. Die Wurzel für den Menschen ist aber der Mensch selbst. Der evidente Beweis für den Radikalismus der deutschen Theorie, also für ihre praktische Energie, ist ihr Ausgang von der entschiedenen positiven Aufhebung der Religion. Die Kritik der Religion endet mit der Lehre, daß der Mensch das höchste Wesen für den Menschen sei, also mit dem kategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist. Verhältnisse, die man nicht besser schildern kann als durch den Ausruf eines Franzosen bei einer projektierten Hundesteuer: Arme Hunde! Man will euch wie Menschen behandeln!“ aus: „Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung“ aus dem Jahr 1843/44 in MEW Band 1, Seite 385  - zurück zum Text -

 

[3] Auch heute ist es durchaus lohnenswert, das Kommunistische Manifest zu lesen und mit der heutigen Zuständen zu vergleichen und Schlüsse daraus zu ziehen.  - zurück zum Text -

 

[4] siehe z.B. Francis Fukuyama: „Das Ende der Geschichte“ von 1992.  - zurück zum Text -

 

[5] Auf die Veröffentlichung ihrer Studie „Die Akkumulation des Kapitals“ im Jahr 1913 ergoß sich eine Flut wilder Angriffe auf Rosa Luxemburg von Seiten namhafter Sozialdemokraten, die weniger inhaltlich, sondern vielmehr lediglich aufgrund der Tatsache so heftig ausfiel, daß Rosa Luxemburg es gewagt hatte, den „Meister“ Marx zu kritisieren und dessen Theorie weiterzuentwickeln. Wie konnte sie nur....    - zurück zum Text -

 

[6] Unzählige aktuelle Würdingungsartikel gehen in diese Richtung. Als Beispiel sei hier nur der aktuelle Dokumentar-Spielfilm „Karl Marx - Der deutsche Prophet“, ZDF und Arte 2018, genannt.  - zurück zum Text -

 

[7] siehe Karl Marx: „Der Bürgerkrieg in Frankreich“ von April/Mai 1871.  - zurück zum Text-

 

 

 

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