Internet Statement 2017-41

 

Warum man Le Pen auf keinen Fall wählen sollte

Maria Weiß   01.05.2017    

Die Linie des sogenannten Front National unter Marine Le Pen und Konsorten besteht darin, alles und jedes gegeneinander auszuspielen. Jeder Widerspruch, der überhaupt existiert, sei er geschichtlich oder kulturell oder ökonomisch oder was auch immer, wird gegeneinander ausgespielt. Was soll das denn für eine Gesellschaft werden, was soll das für ein Land werden, wo so etwas an der Spitze ist.

Frankreich und Deutschland gegeneinander auszuspielen hat noch nie etwas Vernünftiges in der Geschichte hervorgebracht. Wenn man sich bestimmte Positionen von bestimmten Kräften, die jetzt in Frankreich zur Wahl anstehen, anguckt, zum Beispiel Mélenchon, dann sieht man, was dort droht. Oder auch Marine Le Pen.

Man sollte von der Grundlage herangehen. Was wir brauchen ist vor allen Dingen den proletarischen Internationalismus, aber auch den Zusammenhalt der europäischen Staaten gegenüber dem Hegemonismus. Und das heißt nichts anderes, als daß Kräfte, die Deutschland und Frankreich wieder gegeneinander ausspielen möchten, diesen Zielen des Proletariats der beiden Länder und auf dem europäischen Kontinent entgegengesetzt zu sehen sind.

Deutschland und Frankreich wieder gegeneinander aufbringen? Das hat noch gefehlt. Das kommt gar nicht in Frage. Sieht man denn überhaupt nicht, auf was das hinaus läuft? Was ist denn los in Frankreich? Was strebt denn eine Marine Le Pen an? Und was ein Mélenchon, der momentan als angeblicher Linker hofiert wird? Das ist genau den Widerspruch zu Deutschland zuzuspitzen, und das ist genau das, was gar nicht in Frage kommt, was von übel ist und was schon mehrfach in der Geschichte zu ziemlichen Katastrophen geführt hat. Das wäre das Letzte, was man hier befürworten kann. Und davon hätte übrigens weder die Arbeiterklasse in Frankreich, noch die in Deutschland etwas. Ganz im Gegenteil. Das ginge voll nach hinten los. Und wenn ich sehe, daß die Partner dieses Mélenchon die Linkspartei in Deutschland ist, dann weiß ich auch, was die Stunde geschlagen hat. Da gibt es ein nettes Progrämmchen mit hier ein bißchen und da ein bißchen. Das führt zu nichts. Dem gegenüber ist sogar der Zusammenhalt der Bourgeoisie in Frankreich und in Deutschland noch ein Vorteil. Hier gibt es an der Merkel-Regierung eine ganze Menge zu kritisieren, und ich bin die Letzte, die in dieser Hinsicht zögerlich gewesen wäre. Aber das gegeneinander auszuspielen, Frankreich gegen Deutschland, und aus dieser Ecke gegen die Merkel-Regierung zu schießen, das geht völlig daneben und ist genau im Interesse von gewissen internationalen Supermächten, die zu ihrem Vorteil unter Umständen solche Gegensätze auf dem europäischen Kontinent anheizen. Das wirklich komische an diesem Mélenchon ist obendrein, daß er Merkel genau auf dem Gebiet der Entwicklung der Produktivkräfte, oder besser ausgedrückt ihrer Bremsung oder gar ihrer Liquidation wie der Atomenergie, nachzuäffen trachtet. In der Tat brauchen wir in Europa eine Annäherung der arbeitenden Schichten und Klassen von unten. Vor den Kuckuckseiern, wie oben erwähnt, sollte man sich allerdings dabei hüten. Die gehen garantiert nach hinten los.

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In Frankreich, wo bald die Wahlen anstehen, gibt es derzeit eine Auseinandersetzung über das mit den Nazis kooperierende Vichy-Regime und dessen Kollaboration in puncto Judenverfolgung. Le Pen, Marine wohlgemerkt, versucht das schön zu reden, indem sie behauptet, dieses hätte damals angeblich gar nicht anders handeln können und schiebt das alles auf die Besatzer. Es stellt sich aber die Frage, ob das wirklich alles ist.
Mit dieser Art von Rechtfertigungsstrategie steht Le Pen allerdings nicht alleine da. Die haben vor ihr auch schon andere französische Staatsoberhäupter an den Tag gelegt, angefangen mit De Gaulle, aber auch Vertreter wie Francois Mitterand haben versucht, diese Kollaboration mit den Nazis mit deren Besetzung Frankreichs zu rechtfertigen. Erst Jaques Chirac hat dann diese Kollaboration seitens französischer Behörden zutiefst verurteilt. Was jetzt aber in Frankreich von seiten der Le Pen-Richtung ansteht, ist ein Beschönigen dieser Vergangenheit, indem alles Negative ausgeklammert werden soll, und nur das Positive des glorreichen Frankreichs stehen bleibt und herausgestellt werden soll. Das haut natürlich überhaupt nicht hin.

Man kann natürlich auf der anderen Seite überhaupt nicht den Nazifaschismus mit dem Vichy-Regime gleichsetzen. Das wäre auch nicht richtig, denn man kann ebenfalls nicht ganz außer Acht lassen, daß es sich damals in der Tat um eine Besetzung von Frankreich durch eine andere Macht, Nazideutschland, handelte, was natürlich die Bewegungsfreiheit des besetzten Landes gewaltsam einschränkte. Das kann man ebenfalls nicht außer acht lassen, wenngleich man Kollaboration mit dem Besatzerregime ebenfalls nicht beschönigen darf. Dinge sind eben kompliziert und man muß sehr genau differenzieren, d.h. zwischen richtig und falsch unterscheiden, sonst läuft man in die falsche Richtung.

Es ist zugleich auch kein Zufall, daß von Le Pen ebenfalls eine Beschönigung der Kolonialzeit Frankreichs vollzogen wird. Das paßt zu dem oben Gesagten. Allein diese Strategie der Verharmlosung hat natürlich ihren Grund. Die Frankfurter Allgemeine vom 12. April schreibt dazu interessanterweise Folgendes:

„Le Pen zielt mit ihren Äußerungen auf die latente Deutschlandfeindlichkeit ihrer Wählerschaft ab. Sie argwöhnt, daß die Verantwortlichkeit des „Dritten Reiches“ für die Judenvernichtung relativiert wird. Das Eingeständnis französischer Schuld hat aus ihrer Sicht eine Entlastungsfunktion zugunsten Deutschlands. Die Reue-Reden wertet sie als Unterwerfungsrituale in einer von Deutschland dominierten EU. Ihr ist es gelungen, das Bild eines der Bundeskanzlerin hörigen französischen Präsidenten in den Medien zu verbreiten. Immer wieder betont sie, daß Francois Hollande nur ein Vize-Kanzler Merkels sei. Im Wahlkampf führt sie gegen ihren Rivalen Francois Fillon und Emanuel Macron an, daß diese sich in Berlin ihre Order holen müßten.“ [1]


Da werden doch glattweg zwei Dinge gegeneinander ausgespielt. Auf der einen Seite die europäische Union, die Vorteile ihres Zusammenschlusses gegen einzelne Rivalitäten verschiedener Mitgliedsstaaten untereinander. Mit welcher Absicht dies geschieht, danach muß man nicht lange suchen. Der Nazismus ist nun einmal in Deutschland entstanden und hat dieses Land in den Ruin befördert, und nicht etwa in Frankreich. Und es ist wirklich mehr als billig, wenn nunmehr dieser Fakt von bestimmten französischen Rechten dazu benutzt werden soll, um sozusagen den Spieß einmal umzudrehen. Ein solcher Spieß aber wird sich nicht halten können, dazu ist die Geschichte viel zu weit fortgeschritten und Europa viel zu stark darauf angewiesen, den Zusammenhalt zu fördern und nicht etwa das Gegenteil zu betreiben, angesichts der internationalen Rivalitäten diverser Großmächte, welche gerade im Augenblick wieder mal so richtig aufzudrehen trachten. Ob Merkel mit ihrer Politik dem Letzteren gerecht wird oder auf der anderen Seite gerade solchen rechten Tendenzen in Frankreich Auftrieb gegeben hat, steht auf einem anderen Blatt. Fakt ist, daß Frankreich gegenüber den USA-imperialistischen Hegemoniebestrebungen resistenter gewesen ist und auch noch ist, als Deutschland, als die deutsche Bourgeoisie vor allem, welche von ihrer ganzen Geschichte her immer stärker geneigt war und ist, sich imperialistischen Ambitionen, sei es denen der USA als auch Rußlands oder zeitweilig der revisionistisch degenerierten Sowjetunion unterzuordnen. Auch diesen Gegensatz muß man berücksichtigen.


Geschrieben am 16./17.04.2017


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[1] Der Artikel aus der FAZ vom 12.04.2017 heißt:: "Das Kalkül des Tabubruchs"


 

 

 

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