Internet Statement 2013-19

 

Notwendig ist der internationale Zusammenschluß

Maria Weiß  16.5.2013     

Ein Mindestlohn von 8,50 € ist wirklich lächerlich, denn davon kann keiner leben und wird zwangsweise zum Aufstocker. Wenn dem aber so ist, und das ist unbestreitbar, dann fragt sich, was eigentlich eine gesetzliche Festlegung einer Lohnuntergrenze bewirken soll.

Wenn man in die Geschichte der Auseinandersetzung mit dem Kapitalismus zurücksieht, dann sieht man natürlich, daß eine Festlegung beispielsweise des Acht-Stunden-Tages, durchaus einen Sinn gemacht hat. Das steht außer Frage. Allerdings, wie das mit dem Lohn ist, ob man das direkt gleichsetzen kann, das möchte ich mal dahin gestellt sein lassen.

Wenn man sich all diese Fragen anschaut, dann sieht man auf der Stelle, daß eigentlich was die Frage des ökonomischen Kampfes der Kollegen, des gewerkschaftlichen Kampfes betrifft, es hier wirklich katastrophal aussieht. Aber dafür gibt es auf der anderen Seite sofort einen Grund festzustellen, und der liegt darin, daß überhaupt die ganzen Fragen der Arbeiterbewegung in Europa gewissermaßen nicht auf den richtigen Füßen stehen. Die richtigen Füße, die sind ganz woanders. Die sind in den Ländern Asiens und Lateinamerikas und zunehmend auch Afrika zu finden, wo nämlich ganz andere Bedingungen herrschen und ganz andere Löhne gezahlt werden, die es den Kapitalisten ermöglichen, hier in Europa einige Zugeständnisse zu machen, und auch in den USA natürlich, das hat große Ähnlichkeit.

Das heißt aber, daß wir es hier eigentlich gar nicht mit einem echten Gewerkschaftskampf zu tun haben, sondern mit einer verrutschten Schiene, auf der das Ganze stattfindet. Und die führt natürlich dazu, wenn diese ganze Schiene sowieso auf Zugeständnissen des Kapitals, um hier den Gegenpart ruhig zu halten, beruht, es dann auch nicht so einfach ist, dagegen vorzugehen. Es macht aber keinen Sinn, diese Schiene noch weiter auszudehnen. Genau das würde man aber machen, wenn man einen Mindestlohn festlegen würde.


Wie hängen die hiesigen Verhältnisse, die Lage der hiesigen Kollegen in den Betrieben und auch ihre Spaltung in sogenannte Stammbelegschaften, Leiharbeiter und Kollegen mit Werksverträgen mit den Verhältnissen der Kollegen beispielsweise in den Textilfabriken in Bangladesh zusammen, mit den grauenhaften Bränden dort, aber auch mit den Verhältnissen in vielen anderen Branchen in Asien beispielsweise? Sie bilden zwei Seiten einer Medaille, und die ganze Lage läßt sich heutzutage sowieso nur noch international wirklich erfassen.

Vor kurzem gab es im Fernsehen eine recht interessante Reportage. Ein Reporter berichtete, wie er sich inkognito in einen Werksvertrag bei Daimler eingeklinkt hat, und es kam recht deutlich zum Ausdruck, wie dieses System funktioniert und wie über diese Verträge sich der Konzern sozusagen einen Teil seiner Lohnkosten vom Staat bezahlen läßt, aus Steuergeldern. In der anschließenden Talksendung „Hart aber fair“ hörte man dann von etlichen staatlichen „Größen“ und auch kirchlichen „Größen“ empörten Protest über derartige Zustände und daß das doch im Grunde kriminell sei, was da getrieben würde, was ja auch stimmt. Allerdings zeigte sich alsbald im Laufe der Sendung, daß ihre Empörung ziemlich gespielt war, weil im wesentlichen das in allen Bereichen mehr oder minder so funktioniert. Ob das jetzt irgendwelche kirchlichen Einrichtungen sind oder staatliche oder universitäre – egal. Im Prinzip machen sie das alle mehr oder minder, offen oder verdeckt. Deswegen muß man es eben grundsätzlich angehen und es in einen Zusammenhang mit dem anderen Pol setzen, auf dem das Ganze hier nämlich basiert.

Kollegen hierzulande stehen in dieser Hinsicht allein auf verlorenem Posten, von gewerkschaftlicher Seite her gesehen. Das ist ein empörendes Thema, was vermehrt zum Thema gemacht zu werden hat. Warum sollte beispielsweise die Kollegin aus der Stammbelegschaft mit einem Gehalt von über 3000 Euro auf die Hälfte oder mehr ihres Lohns verzichten, nur weil der Kollege mit dem Werksvertrag neben ihr, welcher die gleiche Arbeit macht, nur etwas mehr als 1000 Euro im Monat verdient? Das würde gar nicht funktionieren, wenn man es nur isoliert angeht. Das ist ein ganzes System ausgebuxter arbeiteraristokratischer Bestechung, was sich hier seit Jahren eingebürgert hat und von den Gewerkschaften mit zwei zugedrückten Augen übersehen wird.

Proletarischer Internationalismus - auch wenn dieser Begriff heute manch einem erstmal fremd in den Ohren klingt - ist in den hochentwickelten Staaten ist zu einer Lebensnotwendigkeit für eine sehr große Masse von Kollegen geworden. Das ist es, was sich an dem Beispiel zeigt, und das ist auch genau die Konsequenz, die wir ziehen müssen.

Man kann dieses Problem nicht alleine lösen, indem man beispielsweise nur hier für höhere Löhne, von denen man leben kann, kämpft. Das funktioniert eben auf Grund dieser Tatsache (des o. b. Verhältnisses) nicht und schon lange nicht mehr. Und man sieht ja auch, daß die Kapitalisten, wo immer sie können, genau das an Regelung was hier in vielen Jahrzehnten, man kann sogar sagen in mehr als einem Jahrhundert von den Arbeitern erkämpft worden ist, rückgängig zu machen suchen, wann immer sie es für notwendig halten. Man siehe beispielsweise die Samstagsarbeit. Diese wird inzwischen in vielen Betrieben wieder als Selbstverständlichkeit praktiziert, obwohl sie das überhaupt nicht ist, und zwar auch in solchen Fällen, wo es von dem Produktionsprozeß her gesehen keineswegs notwendig ist.

Daran sieht man grundsätzlich, daß es notwendig ist, um eine Verbesserung, auch Teilverbesserungen, für die Arbeiterklasse wirklich beizubehalten, auch dauerhaft, daß sich die Arbeiterklasse auf der ganzen Welt zusammenschließt. Jedenfalls muß man das auch als konkrete Perspektive und als konkrete Aufgabe heutzutage wieder ins Auge fassen und angehen.

Wie das im Einzelnen zu verwirklichen ist oder sein kann, das muß intensiv diskutiert werden. Unter den Kollegen selbstverständlich sowieso, aber auch unter den Linken, und da insbesondere ist es vor allen Dingen notwendig, denn die sollten eigentlich soweit sein, daß sie diese Dinge längst aufgegriffen hätten und damit befaßt wären, an der Umsetzung dieser Erkenntnisse zu arbeiten. Davon ist aber leider nicht viel zu spüren, wenn man sich die Programme sogenannter linker Organisationen beispielsweise in unserem Land, aber auch in anderen europäischen Staaten anguckt.

Will man also hier den sogenannten Mindestlohn heraufsetzen, überhaupt die Löhne heraufsetzen, muß man eben diese Dinge im Auge behalten, nicht aber den Staat anbetteln, er möge doch bitte eine Grenze für das Kapital festlegen. Das funktioniert sowieso nicht, jedenfalls nicht beim Lohn.

Man sieht doch allenthalben: da wo wirklich etwas herausgeholt wird, da steht ein Kampf dahinter, der Kollegen und der Gewerkschaften. Das ist in allen Fällen gerade in den letzten Jahren wieder deutlich hervorgetreten, egal ob hier oder sonst irgendwo auf der Welt.

 

 

 

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