Internet Statement  2011-24

 

 

           Griechenland – was tun?

Maria Weiß   8./11. Juni 2011         

Das ist ja wirklich eine Superidee: Griechenland „darf“ seine Staatseinrichtungen, die im Grunde der Bevölkerung, dem griechischen Volk, gehören, verkaufen! Man kann jetzt Anleihen auf die griechische Post, auf griechische Kraftwerke, auf griechische Bahnlinien erwerben, die dann irgendwann in der Zukunft einmal verkauft werden sollen. Das wird hier als angebliche Lösung für Griechenlands Schuldenproblem präsentiert. Man kann nur sagen: die haben wohl nicht mehr alle Tassen im Schrank, Leute die so was vorschlagen. Was soll denn das bringen? Das ist im Grunde nichts anderes als wenn man mangels anderen Gemüses eine Tomate immer wieder bis zum letzten auslöffelt. Und der Effekt wird entsprechend aussehen.

Man muß sich überlegen, was wäre denn tatsächlich, vorübergehend zumindest, eine Lösung? Das wäre zum Beispiel ein Schuldenerlaß. In früheren Jahrzehnten waren sehr viele Länder der sog. Dritten Welt, viele die heute zu den sog. Schwellenländern zählen, wie beispielsweise Mexiko, solche die auch unter Schuldenüberlastung gelitten haben, und auch damals gab es diesen Gedanken. Und der wurde zum Teil auch durchgeführt, zum Teil sogar von den betr. Staaten selbst. Und es wurden auch damals Leute innerhalb der Bourgeoisie über die Klinge springen gelassen, weil sie so etwas vorschlugen. Siehe das Beispiel Alfred Herrhausen.

Wie sieht es denn heute aus? Wer heute so etwas vorschlägt, wird manchmal auch auf andere Weise aus dem Verkehr gezogen, wenn nämlich dem internationalen Finanzkapital, bestimmten Banken, die international ein Übergewicht haben, so etwas nicht paßt und sie lieber ganz Europa hochgehen lassen als auf ihre hunderte von Milliarden vorwiegend aus spekulativen Geschäften stammenden Riesengewinne zu verzichten. (Anmerkung)

Die gegenwärtige Krise, man kann fast sagen Dauerkrise, in Griechenland ist natürlich genau eine solche Krise des ganzen Kapitalismus, sowohl in den übrigen Ländern Europas als auch auf der ganzen Welt. Das ist selbstverständlich prinzipiell und zum Teil auch sehr konkret überall heutzutage der Fall. Es gibt keinen einzigen kapitalistisch-imperialistischen Staat, schon gar nicht in Europa, welcher nicht unter der Schuldenüberlastung vor allem von Staats wegen leidet. Es gibt vielleicht wenige Ausnahmen, aber die leiden unter anderen „Ungleichgewichten“. Daher ist natürlich was dort in Griechenland passiert immer zugleich eine Art Bedrohung auch für die übrigen Staaten, weshalb die herrschenden Klassen versuchen, das wegzudrücken, zu unterdrücken, jedenfalls irgendwie hinzubekommen, daß es noch mal wieder „läuft“ in ihrem Sinn, auf welche Weise auch immer. Letztendlich kann nur eine Massenrevolte, eine Massenerhebung und damit verbundene gesellschaftliche Änderung, eine Art soziale Revolution eine nachhaltige Lösung der Probleme bringen. Solange sich das aber noch nicht abzeichnet, stellt sich sehr wohl für die Massen die Frage: was tun im Moment?

Griechenland sollte versuchen, möglichst auf eigene Kräfte gestützt aus dieser Schuldenfalle herauszukommen. Das kann auch dazu führen, daß man die Schulden (ganz oder teilweise) einfach annulliert und das wäre vielleicht gar nicht mal die verkehrteste Lösung für den Moment. Verkehrt ist aber die Lösung, sich „ausnehmen“ zu lassen wie eine Weihnachtsgans und am Schluß absolut potenzlos dazustehen, nichts mehr zu bieten zu haben und der Willkür völlig ausgeliefert zu sein. Das wäre sicherlich die schlechteste Lösung für die griechische Bevölkerung.

Der massive Druck und Widerstand, der sich gegenwärtig unter den Massen in Griechenland , die unter der gegenwärtigen Situation am meisten zu leiden haben, entwickelt, muß dazu führen, dass einiges durchgeforstet wird, daß Korruption und „Leben auf Kosten Anderer“, die natürlich keineswegs nur in Griechenland zu Hause sind, unerbittlich verfolgt werden und statt dessen versucht wird, die Wirtschaft insgesamt wieder auf eine produktive Grundlage zu stellen. Statt fragwürdiger sog. Wertpapiere für öffentliches Eigentum wären wohl eher echte Investitionen gefragt. Warum sollen nicht industrielle Produktion wieder aufgebaut werden? Soweit bekannt besitzt Griechenland ebenfalls eine gut ausgebildete Jugend, die keine Arbeit findet, die aber nach Anwendungsmöglichkeiten ihrer Fähigkeiten dürstet. Ein großes Potential, welches brach liegt, auch dort. Statt dessen kommen aber nur Vorschläge, wie man die Verschuldung Griechenlands noch höher treiben und in die Länge ziehen kann – ein Schrecken ohne Ende, in dem sich nichts Vernünftiges entwickelt. Das entspricht den Spekulationsinteressen internationaler Finanzhaie, nicht aber den griechischen und auch nicht den übrigen Volksmassen.
Austreten aus dem Euro sollte man aber von sich aus nicht.

Was auf jeden Fall zu vermeiden ist, ist eine erneute Spaltung europäischer Staaten und das Aufkommen egoistischer Partialinteressen einzelner Staaten, nicht zuletzt Deutschlands. Was in unserem Land gegenwärtig geschieht, ist erzübel, wenn zum Beispiel mal wieder gewisse rechte Kreisen vor allen Dingen jetzt Stimmung gegen Griechenland machen von wegen „wir bezahlen denen ihren Luxus“ und ähnliche dumme Sprüche, was im Übrigen nicht das Wesentliche ist und auch so nicht stimmt. Wirklicher „Luxus“, wie beispielsweise der Verzicht auf Kerntechnologie und die damit verbundene Vernichtung bestehender Ressourcen, wie es hierzulande zur Zeit betrieben wird vor allem von Regierungsseite, wird erst recht von der Bevölkerung , und nicht nur von der deutschen, bezahlt werden, aber in einem ganz anderen Ausmaß. Hier gibt’s aber von solchen Kräften natürlich keinen Protest.

Wie wäre es denn mit dem Bau eines AKW in Griechenland? Gibt es dafür keine Investoren? Das könnte doch ein wichtiger Schub vorwärts für die industrielle Entwicklung des ganzen Landes sein, eine Art Kontrapunkt zu Deutschland, was gerade eine Riesenrolle rückwärts vollführt und zugleich ein Ausgleich gegenüber anderen aufstrebenden Mächten in der Region, vor allem gegenwärtig der Türkei, und ein Gegengewicht gegen gewisse hegemonistische Bestrebungen.

Nun ist natürlich auch die Lage anderer Staaten in punkto Krise nicht wirklich besser als in Griechenland. Wie ist denn die Lage der kapitalistischen „Supermacht“ USA beispielsweise? Denen blüht doch in Bälde ein ganz ähnliches Staatsbankrott-Desaster, nur daß sie eben gestützt auf ihre riesige Atomwaffen-Militärmacht sich ganz andere Dinge herausnehmen zu können meinen. Das muß man doch mal sehen.

Derartigen spalterischen Tendenzen in Europa muß entgegengetreten werden. Im Gegenteil, der Zusammenhalt sollte gestärkt werden und nicht die verschiedenen Länder gegeneinander ausgespielt werden. Eine erneute Spaltung Europas würde vor allem dem Hegemonismus zu Nutze kommen.

Eins muß man sehen: Wirkliche Demokratie beruht auf der Fähigkeit, auf die eigene Kraft gestützt durch eigene Arbeit seinen Beitrag zum Ganzen zu leisten. Das gilt neben der inneren Klassenspaltung, die überall existiert und überwunden werden muß, in gewisser Hinsicht auch für Staaten.

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Anmerkung:   Es gibt über die Frage der sog. "Freiwilligkeit" der Gläubiger einen Streit unter den verschiedenen Cliquen der Bourgeoisie. Ein Grund dafür ist wohl u. a. die wackelige und hohle Stellung der EZB, welche offenbar in den letzten Jahren nicht genug an faulen Papieren, vor allem angeblich aus Griechenland, an sich reißen konnte und jetzt natürlich ein dickes Problem hat, weshalb Trichet wohl vor allem auf der "Freiwilligkeit" besteht. Das Ganze ist ein heißes Eisen, was auch in einem Interview, welches Jean-Claude Junker dem RBB Inforadio in der gestrigen Sendung „Zwölfzweiundzwanzig“ gegeben hat, deutlich wurde. Und wenn Merkel davon spricht, dass "wir kein zweites Lehman" bräuchten, soll das wohl auch eine versteckte Anspielung auf diese Sache sein.

 

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