Internet Statement 2011-22

 

                Merkels Kehrtwendung in der Atomfrage

                Aspekte des gegenwärtigen Atomausstiegsbeschlusses

Maria Weiß  31.5.2011      

Gegenwärtig läuft in unserem Land ein unglaublicher Zirkus ab, der sogenannte Ausstieg aus der Atomenergie. Deutschland ist das einzige Land auf der Welt, was diesen Ausstieg „konsequent“ vollzieht. Bravo, kann man nur sagen. Es ist nicht das erste Mal in der Geschichte, daß sich Deutschland in dieser Form zum Vorreiter des Hegemonismus macht, auf Kosten der eigenen Bevölkerung wohlgemerkt, das zumindest.
Bezeichnenderweise hat sich der Vorsitzende des sogenannten „BUND“ in der Richtung geäußert, nämlich daß das Entscheidende an dieser ganzen Angelegenheit ist, daß man sich auf das Energiesparen besinnen müsse. Energiesparen? Die Drangsalierung der eigenen Bevölkerung, insbesondere natürlich des Teils der nicht „Besserverdienenden“ durch hohe Energiepreise bis zum Geht-Nicht-Mehr? Was anderes soll das eigentlich heißen? Das ist doch vollkommen klar. Es gab bereits etliche Hinweise auf massive Preissteigerungen und sogar Stromabschaltungen.

„Deutschland zieht Konsequenzen aus Fukushima“, als einziges Land auf der Welt. Es ist zwar nur 10.000 Kilometer von Japan entfernt und die Wahrscheinlichkeit von Erdbeben in diesem Land ist gering – aber nein, es muß hier vollzogen werden. Die Bundeskanzlerin selbst macht sich lächerlich, als Physikerin und als Kennerin der Materie, indem sie vor kurzem erklärte, Fukushima habe sie eines Besseren belehrt. Deutlicher kann man es gar nicht zum Ausdruck bringen, den Opportunismus und die Kriecherei vor dem Finanzkapital.

Ungeachtet der Kritik aus dem Ausland, Deutschland geht seinen Weg zum Ausstieg aus der Atomenergie, egal was es kostet und egal was die Auswirkungen auf die Ökonomie in diesem Land sein werden, das scheint diesen Kräften nicht so wichtig zu sein. Man hat zwar zig Milliarden von Schulden, aber man denkt, man kann es bezahlen, besser gesagt bezahlen lassen. Mal sehen, ob die Bevölkerung bereit ist, das zu tun.

Selbst der bayrische Kommentator heute Abend in den Tagesthemen mußte zugeben, daß der Ausstieg eine soziale Seite hat. In der Tat, die hat er. Aber er mußte natürlich hinzufügen, daß es trotzdem richtig sei – das, was eben an Unterwürfigkeit von diesem Land erwartet wird. Da kann man eben scheinbar nichts machen, sie haben es nicht anders gewollt. Aber für die Konsequenzen werden sie voll zur Verantwortung gezogen werden.

Es ist hier offenbar auch egal, was in anderen Ländern passiert, daß dort Massen auf die Straße gehen für berechtigte soziale Forderungen, für Perspektiven für die Jugend usw. usf., das ist egal. Was in Deutschland stattfindet ist Anti-AKW-Demo. Das ist das, was hier angesagt ist.

Diesen Kräften ist auch vollkommen egal, daß hier noch zig Atomsprengköpfe der USA lagern, das ist ja offenbar nicht gefährlich, das ist erdbebensicher und auch ansonsten sicher und da braucht man sich nicht drum zu kümmern. Wichtig ist vor allen Dingen, daß die Atomkraftwerke hier abgeschaltet werden, und das so schnell wie möglich.

Da kann man sich in den Tagesthemen einen Jürgen Trittin endlos anhören mit seinem Gelaber. Aber das ist nicht das einzige. Es laufen noch mehr Zirkusveranstaltungen hier. Nach dem Desaster mit der sog. Schweinegrippe hat man jetzt „EHEC“ aus der Taufe gehoben als Mittel um die Bevölkerung zu irritieren. Das macht alles gar nichts. Man kann sich das leisten. Aber das kann auch ein ganz großer Irrtum sein.

Die gegenwärtige Regierung ist schlichtweg unerträglich. Die Frage ist nur: was ist die Alternative? Als Alternative anbieten tun sich allerdings nur noch größere Ökofanatiker. Es stellt sich also die sehr praktische Frage, wie in Deutschland die vernünftigen, am Fortschritt interessierten Menschen sich zusammentun können, um eine Änderung zu erzwingen. Schon der Trend bei den letzten Landtagswahlen hat gezeigt, daß an die 50 Prozent überhaupt gar nicht wählen geht. Das hat seinen Grund. Aber diese (Nicht)Wähler haben auch eine Stimme und sie haben mit Sicherheit auch Vorstellungen. Die Frage ist, wie man das zusammenbringt.

Interessant ist, daß eine französische Vertreterin diese Ausstiegsentscheidung als „politische Entscheidung“ charakterisierte. In der Tat, da ist was dran. Aber was für eine Politik steckt dahinter, was für eine politische Entscheidung ist es? Ist der politische Druck so groß, daß nichts anderes mehr möglich scheint? Und wer übt diesen Druck eigentlich aus? Das müßte endlich mal zur Sprache gebracht werden.
Wie sah denn die Politik der letzten Bundesregierung, die den sogenannten „Konsens“ zum Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen hat, aus? Das war doch die Politik, die die Atomenergie in Deutschland still legt, um sich in weitere Abhängigkeit vom Ausland zu begeben. Und das Ausland war in diesem Fall vor allen Dingen Rußland mit dem Gazprom-Konzern. Wie sieht es denn jetzt aus? Es war schon zu hören, daß zur Deckung des Energiebedarfs in Deutschland viele kleine Gaskraftwerke entstehen müßten. Wer hat denn daran Interesse? Das ist doch vollkommen offensichtlich.
Und insofern zeichnet sich auch ab, was für eine Politik das eigentlich ist, vor welchen Kräften internationaler Sorte sich gebeugt wird. Es ist kein Zufall, daß man zum Beispiel lesen kann, daß in Moskau Angela Merkel als Star gefeiert wird. Warum denn wohl? Sicherlich spielt dabei auch eine Rolle, daß man sich vorstellt, über Energielieferungen in dieses Land, einem Kernland der EU, auf diese Weise zu versuchen, es in Abhängigkeit zu bringen. Das ist durchaus ein strategisches Ziel gewisser Kräfte. Und das hat durchaus eine politische Bedeutung.

Aber das wollen ja bestimmte Leute, vor allen Dingen der sogenannten Linken oder besser gesagt, Revisionisten, von SPD bis sogenannter Linkspartei, was sich alles links nennt, in Wirklichkeit rechts ist, nicht sehen. Sie rühren kräftig mit in die Trommeln der sogenannten „Atomangst“.

Sicherlich müssen Konsequenzen aus dieser Katastrophe in Fukushima gezogen werden. Das tut auch alle Welt. Aber Deutschland tut es auf eine Weise, daß es sagt, es hat „Angst“ und es schafft die „Wende“ in der Energiefrage. Was ist das aber für eine „Wende“? Die sogenannten erneuerbaren Energieformen sind längst nicht in der Lage, daß sie auch nur annähernd in dieser Gesellschaft den Strombedarf decken könnten. Das zeichnet sich überhaupt nicht ab. Und vor allem auch nicht einen wachsenden Energiebedarf, der für eine sich weiterentwickelnde Gesellschaft selbstverständlich ist.

Es wurde auch angesprochen, dass die Lücken dann aus dem Ausland gestopft werden müssen, also im Grunde ein Fakt von Scheinheiligkeit, denn wenn hier die Atomangst geschürt wird und man gleichzeitig sich auf Einfuhren aus dem Ausland stützen muß, dann stimmt da auch etwas nicht. Oder aber man zieht sich eben auf andere Sachen zurück. Da ist auch egal, ob man weitere Kohlekraftwerke bauen muß. CO2-Ausstoß, Klimawandel, das ist auf einmal alles nicht mehr wichtig. Das wird sozusagen als „Kollateralschaden“ weggesteckt. Und das wird alles hier der Bevölkerung als angeblich „vernünftig“ verkauft. Prinzipien? Was ist das? Gleichzeitig macht man sich weiter abhängig.

Länder wie Rußland, China, von den USA mal ganz zu schweigen, die denken gar nicht dran, ihre Atomkraftwerke abzuschaffen. Im Gegenteil, sie bauen weitere. Und sie freuen sich natürlich, wenn ein Land wie Deutschland es anders macht und sie davon profitieren können. So war zum Beispiel vor kurzem die Rede davon, daß China mehr Atomexperten aus Deutschland einladen möchte, damit sie China bei der Entwicklung eigener Atomkraftwerke unterstützen. Bei uns aber gibt’s den Ausstieg!

Das hatten wir schon einmal, im Herbst 1978, unter Hua Guo-feng, kurz nach dem Umsturz durch Deng Xiaoping und anderen nach dem Tod von Mao Zedong. Hochrangige chinesische Regierungsvertreter besuchten Deutschland, besichtigten u.a. ein AKW mit der Absicht eines zu kaufen, während sie gleichzeitg parallel dazu die Anti-AKW-Vertreter in Deutschland massiv unterstützt haben.[Anmerkung] Da war der Widerspruch ebenso offensichtlich, und die Konsequenzen davon zeigen sich heute noch. In Deutschland hat niemand so sehr wie die Pseudolinke von dieser Doppelbödigkeit profitiert. Und eine Konsequenz daraus bis zum heutigen Tag ist die, daß es ungeheuer erschwert wurde, eine wirklich revolutionäre Linke hier aufzubauen. Etwas besseres kann sich das Kapital gar nicht wünschen.

Unsere Organisation hat die ganze Zeit über die Verteidigung dieser wichtigen Produktivkraft vertreten und verteidigt und tut es auch heute noch, entgegen allen Widerständen und gegen einen ganzen gesellschaftlichen Tsunami in Deutschland, die dem im Moment wieder mal entgegenrollt. Und wir sehen uns in dieser Hinsicht durchaus in Einigkeit mit der internationalen Entwicklung und der überwiegenden Mehrheit den Menschen auf der ganzen Welt.

Infolgedessen scheint es unabdingbar notwendig, dass diejenigen Menschen, die eine derartige Barriere der Wissenschaft, Barriere der Weiterentwicklung der Wissenschaften und des Fortschritts nicht wollen, sich zusammenschließen, auch unabhängig von der Frage der Gesellschaftsordnung. Dies ist notwendig. Ein „Sozialismus“ basierend zum Beispiel auf dem Rohstoff-Hegemonismus gewisser Mächte ist vor vornherein Betrug und verewigt die Sklaverei und die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen. Ein „Sozialismus“, der auf Verewigung von Ausbeutung, Versklavung und Verelendung der Massen beruht ist schlimmer als ein Kapitalismus, der sich weiter entwickelt und insofern unweigerlich der historischen Gesetzmäßigkeit seiner Überwindung in der Zukunft die Türen öffnet.

 


--------------------

[Anmerkung]   Siehe dazu das Flugblatt vom 10. Oktober 1978 "Was man bei der jetzigen chinesischen Führung beachten sollte - Zum Kauf der Kernenergie und der gleichzeitigen Unterstützung der berüchtigten Anti-Kernenergie-Kampagne hierzulande" in: Neue Einheit Nr. 2/77/78 sowie auch "Weitere Aspekte zum Thema China - Kernenergie" ebenda.

 

 

www.neue-einheit.de     www.neue-einheit.com