Internet Statement  2008-38

 

 

Der Kapitalismus in der Krise

- Teil 1 -

 

Uwe Müller 23.9.2008        

 

Allen Entwarnungen und Beruhigungspillen diverser Banker, Politiker und sog. Experten zum Trotz hat sich die aus der Hypothekenkrise hervorgegangene Finanzkrise weiter verschärft und einen neuen Höhepunkt erreicht. Allerorten muß nun zugegeben werden, daß es sich um die schlimmste Krise seit 1929 handelt. Und in der Tat: gegen die jetzige Finanzkrise nehmen sich die Finanzkrisen von 1987 oder von 1997/98 geradezu als bloßer Sturm im Wasserglas aus.

 

Der „Schwarze Montag“ (15.9.2008) hat die Wallstreet, das große Zentrum des internationalen Finanzkapitalismus, bis ins Mark erschüttert. Angst, Hilflosigkeit und Chaos regieren seitdem die sonst soviel Arroganz und Selbstsicherheit ausstrahlenden Bank-, Investments- und Fondsmanager, die sich selbst so gerne als „Masters of the Universe“ gepriesen haben. Statt „Masters of the Universe“ nun „Masters of Disaster“.

 

Ungeheure Dinge geschehen derzeit im Zentrum des Kapitalismus und an den internationalen Finanzzentren. Banken werden quasi verstaatlicht, Banken werden mit Dutzenden von Milliarden gestützt. Die größte Versicherungsgesellschaft der Welt, die AIG, wird mit 85 Mrd. Dollar vorerst vor dem Bankrott gerettet und unter staatliche Regie gestellt usw. usf.  Die bislang ach so unabhängigen Banken verflüchtigen sich oder flüchten sich in die Arme des Staates, welcher, um den völligen Bankrott des ganzen internationalen Finanzsystems zu vermeiden, in die Bresche springen muß.

 

Man kommt mit dem Zählen der Milliarden Dollar, die die Notenbanken der USA und weltweit mittlerweile zur Stützung der Liquidität auf den Markt geworfen haben, gar nicht mehr mit. Und ein Ende der Finanzkrise ist nicht abzusehen – im Gegenteil.

 

Derzeit bastelt der amerikanische Finanzminister Paulson fieberhaft an einem „Rettungspaket“, bei dem der amerikanische Staat den Banken ihre faulen Kredite abkaufen soll. Nach anfänglich 500 Mrd Dollar werden nun schon 800 Mrd Dollar als nötiges Volumen gehandelt. Und es ist mehr als wahrscheinlich, daß die notwendigen Mittel weit über einer Billion Dollar liegen werden. Ganz abgesehen davon, daß diese gigantischen Summen aus den Steuerzahlern herausgepreßt werden sollen, ist völlig offen, ob dieser „Rettungsfonds“ die Krise beruhigen oder gar stoppen kann.

 

Der Streit darüber ist in den USA mittlerweile voll entbrannt. Zu kraß sind die dahinterliegende Absicht und der Versuch, die Banken und Spekulanten, die jahrelang Milliarden über Milliarden gescheffelt haben, nun auch noch von ihren faulen Krediten und Derivaten zu befreien und so ungestraft aus der selbstgemachten Misere rauskommen zu lassen. Im Gegenzug soll die große Masse der Opfer leer ausgehen, soll sie auf ihren Schulden sitzenbleiben und obendrein auch noch über die Steuern das Paket finanzieren. Wenn manche Autoren in den USA von Klassenkampf schreiben – haben sie recht. In der Tat entspringt dieses Vorgehen des Finanzministers bzw. der US-Regierung durchaus der kapitalistischen Logik. Es ist ja keineswegs so - wie es durchgängig dargestellt wird - als wären auf der einen Seite der gute Staat, der sich ums Allgemeinwohl kümmert und im Interesse aller das Finanzsystem retten soll, und auf der anderen Seite die bösen Banken und Spekulanten, die das Volk und die Regierung auspressen. Das ist Märchenstunde. Vielmehr ist dieses Spekulantentum, diese Finanzaristokratie aufs engste mit dem ganzen kapitalistischen Staatsapparat verknüpft.

 

Diese Herren wissen aber ganz genau, daß ein solches „Rettungspaket“ sozialer Sprengstoff ist. Der amerikanische Finanzminister ist um seinen  Job nicht eben zu beneiden. Seine Aufgabe gleicht der Quadratur des Kreises, er muß versuchen, zu retten, was im Grunde gar nicht zu retten ist.

 

 

Die jetzige Finanzkrise ist keine bloße Finanzkrise. Vielmehr ist sie Ausdruck und Teil der generellen strukturellen Krise, in der sich der Kapitalismus befindet. Sie ist Ausdruck der beschleunigten Entwicklung des Kapitalismus mit seinen inneren Widersprüchen und den ökonomischen und sozialen Umwälzungen, wie sie sich seit dem Umsturz in China Ende der 70er Jahre und schließlich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, unter dem Stichwort Globalisierung vollzogen haben.

 

Es fällt auf, daß es kaum einen Kommentar in den unzähligen Zeitungs- und Medienberichten gibt, der auf diese ökonomischen Hintergründe auch nur annähernd eingehen würde.

 

Auch wenn niemand mit Gewißheit weiß, wie tief diese Krise wirklich ist, wie stark sie sich noch verschärfen wird - eines ist jetzt schon sicher und erkennbar. Sie ist noch lange nicht zu Ende und sie wird nicht auf die Finanzwelt beschränkt bleiben bzw. beschränkt werden können, wie das manche glauben mögen oder uns weismachen wollen. Nein, die Krise wird auf alle Teile der Ökonomie, der Weltwirtschaft, durchschlagen. Sie wird nicht bloß die US-Wirtschaft, sondern die ganze Weltwirtschaft in starke Turbulenzen bringen.

 

Die Krise wird ökonomische, politische und soziale Verwerfungen und Verwüstungen mit sich bringen, deren Umfang man derzeit noch nicht abschätzen kann. Man wird versuchen, die Massen zu zwingen das zu bezahlen. Es wird ihnen jedoch nicht erspart bleiben, daß sich das entwickelt, was schon Mao einmal  auf die Kurzfassung gebracht hat: „Wo Unterdrückung ist, da ist auch Widerstand“. An dieser Gesetzmäßigkeit werden sie nicht vorbeikommen.. Sie kann auch zu tiefen Zerwürfnissen zwischen den einzelnen Staaten, zu vermehrten militärischen Auseinandersetzungen und Kriegen führen. Man sollte sich darüber keine Illusionen machen.

 

Mit ihrem zerstörerischen Potential zeigt diese Krise abermals die Unfähigkeit des Kapitalismus, die Entwicklung der Gesellschaft im Interesse der Mehrheit der Menschheit weiter voranzubringen. Im Gegenteil, er ist seit langem ihr größtes Hindernis geworden.

 

Der Kapitalismus hat sich überlebt, der Sozialismus steht auf der Tagesordnung. Er muß und will aber erkämpft werden. Daran zu arbeiten, dies zu propagieren, die fortschrittlichen Kräfte und Arbeiter zu sammeln und zu verbinden - das ist die Aufgabe, die sich allen fortschrittlichen Menschen rund um den Globus stellt.

 

Wir werden im weiteren diese Krise des Kapitalismus, ihre Ursachen, ihre Bedeutung und ihre Auswirkungen im einzelnen analysieren und entsprechende Schlußfolgerungen daraus ziehen.

 

Eines schon mal vorweg: Wer meint und vorgibt, man könne der Krise des globalen Kapitalismus dadurch begegnen, daß man sein Finanzsystem reguliert und versucht, die schlimmsten Auswüchse zu beseitigen, wie das hierzulande von Merkel und Co. einschließlich der „Linken“ und sog. Kapitalismuskritikern und Globalisierungsgegnern tagein tagaus propagiert wird, der schürt kleinbürgerliche Illusionen, streut den Menschen Sand in die Augen und will die Massen hilflos in einer Situation verharren lassen, wo es geboten ist, alle Kräfte zu sammeln und den Klassenkampf gegen das Kapital auf internationaler Grundlage aufzunehmen und zu führen.

 

Fortsetzung folgt….

 

 

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