Internet Statement 2005-69

 

Neue Medienwelle für Schröder?

Schröder und seine Politik dürfen nicht noch einmal gewählt werden!

12.9.05              

In den sieben Jahren der „rot“-grünen Koalition ist dem größten Kapital mehr in die Hände gearbeitet worden als unter jeder anderen Regierung in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland seit 1949. Die Steuergesetzgebung der Regierung Schröder lief darauf hinaus, die Kapitalbewegungen der größten Konzerne zu erleichtern und zugleich die kleinen Sparerfreibeträge der Bürger, die über etwas Geld verfügen, zu beschneiden und den armen Schichten, die über keinerlei Mittel verfügen, die Lebensbedingungen radikal zu verschlechtern. Das ganze System wurde weiter und weiter bürokratisiert und den Elementen der Willkür, wie z.B. bei der Hartz-IV-Gesetzgebung, erst recht Tür und Tor geöffnet. Gerade zu Ende 2004 / Anfang 2005 haben viele gespürt, was die Behandlung der Anträge durch die Behörden für Konsequenzen haben kann und wie „gerecht“ das zugeht. Etwas später hat man die Bestimmungen in der Praxis gelockert, weil man den Wahlen in Nordrhein-Westfalen und dann der Bundestagswahl näherkam.
Nichts läßt jedoch erwarten, daß, wenn die Schröder-Regierung, in welcher Variante auch immer, sich wiederholt, sei es als sog. Ampel-Koalition oder als Koalition mit dem Zusatz der Linkspartei.PDS, sei es als Minderheitsregierung unter Duldung der Linkspartei.PDS, diese Politik ein Ende haben wird.
Das Programm, das die SPD aufstellt, enthält nichts als leere Phrasen, man kann es zusammenfassen in dem Wort: es bleibt alles beim alten, und schöne Versprechungen ebenfalls wie zuvor.

Das Programm der SPD ist auch innerhalb der Unternehmen und sogar der Banken heute umstritten, während die großen Kapitalgruppen wie die Allianz und die Deutsche Bank vor einigen Jahren noch die Hauptstütze der Schröder-Regierung waren. Schröder war ihr Star. Aber der Niedergang der Industrie, der Ausverkauf, der gerade von der Schröder-Regierung massiv begünstigt worden ist, haben auch bei diesen Teilen der Bourgeoisie zu einer erheblichen Änderung in der Stimmungslage geführt. Alles in allem sank die Popularität der Schröder-Regierung dahin, die SPD hatte Tiefstwerte erreicht wie noch nie zuvor in der Geschichte. Der Ruf von Anfang des Jahres, daß die Schröder-Regierung gestürzt werden muß, hatte zumindest zu einem Teil Erfolg. Die Niederlage in NRW ist eine vernichtende Niederlage.

Jetzt aber kommt es zu Stimmungen in einigen großen Blättern des Kapitals und seitens der sog. Umfrageinstitute, die der Schröder-Regierung systematisch Hoffnung machen. Gleiches hatten wir auch schon vor der NRW-Wahl, aber diesmal ist es viel massiver. Das „Handelsblatt“ schreibt: „SPD entdeckt späte Liebe für Schröder.“ Des langen und breiten werden sog. Umfrageinstitute zitiert, die Schröder durch die Hintertür wieder hoffähig machen sollen.
Oder nehmen wir ein ganz anderes Blatt, die „Junge Welt“. Diese schreibt ganz unterschiedliche Artikel. In einem Artikel vom 10.September gibt sie die Klagen der Berliner Gewerkschaften wieder, daß die sog. neue soziale Gesetzgebung überhaupt keine Verbesserungen schafft, sondern ein blankes Fiasko ist: die von der Schröder-Regierung geschaffenen sog. „Ich-AGs“ (perverser Begriff!) haben so manchen ihrer Inhaber in die Schulden getrieben, Ein-Euro-jobs werden benutzt, um reguläre Arbeit zu verdrängen..... In einem anderen Artikel der gleichen Ausgabe aber heißt es nun:

„Undankbare Bosse. Das deutsche Großkapital hätte allen Grund, der SPD-Grünen-Regierung eine weitere Amtszeit zu wünschen. Doch die Wahlkampfunterstützung hält sich in Grenzen“.

Und dann werden die sog. Erfolge von Schröder aufgezählt, die internationalen Kontakte, die Wirtschaftskontakte nach Rußland, China usw. usf. Ja, das sind Erfolge, die für die Bourgeoisie wichtig sind, es ist allerdings die Frage, ob nicht ein Kanzler einer x-beliebigen anderen Partei das nicht genau so machen würde. Aber inzwischen hat selbst ein größerer Teil der Bourgeoisie erkannt, daß, wenn noch weiter die Auszehrung im Inneren vor sich geht und die Verlagerung noch weiter betrieben wird, dies auch zu einer Gefährdung ihrer eigenen Existenz führen kann. Ohne eigene Basis kann sie nicht existieren. Das sagt die französische Bourgeoisie heute sehr direkt, und auch in Deutschland setzt sich bei einem Teil die Erkenntnis durch. Und es ist mit Sicherheit nicht das Ziel der Arbeiterklasse, hier die Verlagerung mit voranzutreiben und zu sagen, je weiter das getrieben wird, desto besser ist das, die Menschen hier können am Schluß mit einem sog. Grundeinkommen leben, was geht uns der Industrialisierungsgrad unseres eigenen Landes an? Solche Ansichten sind zwar verbreitet in der sog. Sozialbewegung, aber sie haben keinerlei reale Grundlage, und sie würden die Menschen rücksichtslos ausliefern.

Schröders Coup vom 22. Mai, zu verkünden, daß mit der fingierten Vertrauensabstimmung auf schnellstem Wege Neuwahlen erreicht werden, die ihm – nicht überraschend – von Bundesverfassungsgericht auch noch prinzipiell bestätigt wurde, soll sich jetzt auszahlen. Schröder wußte, daß, wenn eine längere Diskussion über die Frage entstanden wäre, was eigentlich seine Politik gebracht hat und was die Ursachen der besonderen Misere in diesem Lande sind, was die seit 30 Jahren besonders forcierte Deindustrialisierung in diesem Land für Hintergründe hat, es nicht nur um ihn geschehen wäre, sondern um die gesamte Politik der SPD (und erst recht der Grünen). Bei der kurzen Frist und dem Druck auf die anderen Parteien, sich zu formieren, ist ein solcher Klärungsprozeß nur sehr, sehr dürftig möglich. Die CDU/CSU hat noch nicht einmal gemäß ihrem früheren Eintreten die Ökosteuer entschieden angegriffen oder auf der Abschaffung des sog. Konsenses in der Kernenergiefrage bestanden. Die Anti-AKW-Kampagne und die Beseitigung der Kernenergie waren einer der Stützpfosten für die forcierte Deindustrialisierung innerhalb der letzten 30 Jahre. Allerdings vertritt die CDU/CSU wenigstens, daß der Konsensbeschluß in die Länge gestreckt wird, und immerhin läßt dies eine Entscheidung zur Aufhebung desselben noch offen.

Bei den meisten, die die Schröder-Regierung kritisieren, spielt die Hartz-Gesetzgebung, die drastische Verschlechterung der Lage der Empfänger von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe, die entscheidende Rolle. Und in der Tat liegt hier auch ein wirklicher Schurkenstreich vor, der erwartungsgemäß entgegen der Ankündigung der Regierung aus dem Jahre 2002 keinen einzigen Arbeitsplatz gebracht hat, wohl aber eine Masse Bürokratie, die viel Geld kostet. Aber die Fragen der Hartz-Gesetze sind nicht der Kernpunkt der Politik der Schröder-Regierung. Der Kernpunkt ist die forcierte Liquidation der Produktion im Inneren, die von der Schröder-Regierung systematisch vorangetrieben worden ist. Um davon demagogisch abzulenken, hat Müntefering im Frühjahr dieses Jahres die sog. „Heuschrecken“- Diskussion über die Hedge-Fonds und Private-Equity-Gesellschaften begonnen, die in diesem Land Firmen aufkaufen, die Technologie übernehmen und dann hier die Leute auf die Straße setzen und das Unternehmen liquidieren oder in sog. Billiglohnländer oder andere kapitalistische Staaten transferieren. Er vergißt hinzuzusagen, daß es gerade seine Partei war, die diesen Gesellschaften Tür und Tor geöffnet hat. Er vergißt hinzuzusetzen, daß es seine Partei war, die auch eine Finanzpolitik getrieben hat, die gerade bei den mittelindustriellen Unternehmen das Zugreifen dieser Hedge-Fonds und Private-Equity-Gesellschaften begünstigt hat.

Diese Regierung mag das als Internationalisierung der Produktion feiern – das ist es nur zum Teil. Aber es gibt auch noch etwas Anderes bei diesem Prozeß, das ist das mögliche Ausquetschen eines Landes, für das die Arbeiterklasse in diesem Lande letztlich aufkommen wird, einschließlich der Arbeitslosen und derjenigen, die in den letzten Jahrzehnten freigesetzt worden sind.

Die Schröder-Regierung darf nicht noch einmal, unter welcher Aufmachung auch immer, die Wahl gewinnen!

Darum muß inbesondere noch einmal auf die Rolle der Linkspartei.PDS verwiesen werden. Jetzt redet Lafontaine offen davon, daß eine große Koalition angeblich den Sozialabbau stoppen würde. Ein blanker Hohn! Eine große Koalition vereinigt die meisten negativen Eigenschaften, die beiden größten Parteien stehen buchstäblich unter Zwang, gemeinsam den abgehobenen Staat, der dann nur noch einer winzigen Clique von Finanzoligarchen dient, gemeinsam gegen den Widerstand breitester Oppositionskräfte zu verteidigen, sie hält das ganze Land in der Stagnation, und ist meistens die Brücke zu einer noch viel schlimmeren Reaktion. Und in dieser großen Koalition werden erst recht alle Maßnahmen der Kontrolle gegenüber der Bevölkerung und der staatlichen Anmaßung gedeihen. Dies mit dem Etikett „weniger Sozialabbau“ zu versehen, zeigt, daß man als Mensch, der gegen Repression, gegen den Sozialabbau gerichtet ist, unter keinen Umständen diese Partei des sozialen Betruges wählen kann. Der ganze Ansatz dieser Partei ist falsch.
Statt den Kampf zu vertiefen, statt das Bewußtsein über die internationalen Zusammenhänge und die Unvermeidbarkeit des Kampfes zusammen mit der Mehrheit der Arbeitenden zu vertiefen, hat diese Partei Illusionen geweckt, man könne das „Sozialsystem“ von gestern wiederbeleben, und vertritt außerdem Positionen, die die Deindustrialisierung und Bürokratisierung in diesem Lande massiv verstärken. Diese Partei vereinigt dreistesten Sozialdemokratismus, wie er in diesem Lande immer operiert hat, mit den kriecherhaftesten Formen des Revisionismus, wie er in der PDS repräsentiert ist.

Das Programm dieser Partei, und zwar beider Komponenten, PDS und WASG, ist ebenfalls Betrug, das in letzter Konsequenz wieder zur Stützung der Sozialdemokratie in irgendeiner Weise führt. Man nehme einen anderen Kanzler der SPD, man nehme einige schöne Phrasen, man nehme eine Zeitlang eine Neuverschuldungspolitik in höherem Umfang, und schon wird die Linkspartei.PDS diese sog. neue linke Koalition unterstützen. Einen solchen Betrug muß man von Anfang an bekämpfen.
Als die Sozialbewegung im Jahre 2003 auf die Straße ging, hieß es unmißverständlich „Die Schröder-Regierung muß weg!“, und es wäre doch eine fatale Geschichte, wenn die Sozialbewegung erst die WASG-PDS kreiert und dann am Schluß durch die Hintertür eben dieselbe SPD-Regierung konserviert. Eine solche Gefahr konnte man sehen, wir haben sie auch öffentlich angegriffen, aber nun wird sie für die Allgemeinheit deutlich, und unserer Ansicht nach muß auch in der letzten Woche noch versucht werden, der Linkspartei.PDS noch die Maske herunterzureißen, damit sie diese üble Politik nicht vollziehen kann.

Weitere Themen sind die Steuerpolitik, und worauf man sich im weiteren im Kampf mit allen Parteien gefaßt machen muß. Dies wollen wir in weiteren Beiträgen behandeln.

Redaktion Neue Einheit  -hd

 

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