Internet Statement 2005-48

 

Der Zerschlagung der Betriebe entgegentreten!

Grohe ist kein Einzelfall

Uwe Müller        

Die Nachricht vom geplanten massiven Abbau bei Grohe kam nicht wirklich überraschend. Was viele schon beim Aufkauf von Grohe durch die Investfonds Texas Pacific Group und die CSFB Equity befürchtet hatten, ist nun eingetroffen. Bundesweit sollen 3000 von 4500 Beschäftigten entlassen und große Teile der Produktion in verschiedene Länder verlagert werden. Ein eigentlich gesundes Unternehmen wie Grohe wird ausgenommen wie eine Weihnachtsgans. Soziales Verhalten ist solchen Investfonds fremd, das gilt genauso vom beauftragten McKinsey Institut. Nicht Verhandlungen mit solch asozialen Fonds und Beraterfirmen sind angesagt - sondern deren Enteignung!

Obwohl dieses brutale Konzept im Raum stand, hat der Gesamtbetriebsrat und die IG Metall, wie so oft, von vornherein auf bloße Verhandlungen gesetzt. Das von ihnen beauftragte Gegengutachten soll selbst Entlassungen in größerem Stil und sogar die Schließung des Standortes Herzberg in Brandenburg beinhalten. Auf dieser Grundlage wurde 'im Interesse der Beschäftigten' verhandelt, während den Belegschaften Stillhalten aufgedrückt wurde. Hinzu kam noch der mangelnde Zusammenhalt der einzelnen Standorte. Das Ergebnis der Verhandlungen ist nun auch entsprechend. Über tausend Beschäftigte sollen entlassen, Teile der Fertigung verlagert und der Standort Herzberg geschlossen werden. Das sei zwar traurig, dafür aber habe man ja das viel schlimmere Konzept von McKinsey verhindert und schließlich auch einen extrem guten “Sozial"plan rausgeholt. Bis zu 80.000 Euro Abfindung soll es den Betroffenen leichter machen, dieses Ergebnis hinzunehmen.

Was heute mit der Firma Grohe geschieht ist kein Einzelfall. Seit langem schon gibt es fast täglich neue Meldungen über Entlassungen, Produktionsverlagerungen und Standortschließungen. Die deutschen Banken haben vorher schon die Kreditbedingungen für mittlere Betriebe erschwert. Immer öfter haben dabei auch, wie bei Grohe, ausländische, speziell amerikanische Investfonds ihre Finger mit drin. Sie kaufen sich in hiesige Firmen ein und beginnen sofort, sie innerhalb 2 bis 3 Jahren so weit auszusaugen, so daß sie eine 25%ige Rendite und mehr einstreichen können. Wenn der Betrieb dabei vor die Hunde geht, und Tausende und Abertausende entlassen werden und ganze Regionen davon betroffen sind, kümmert das solche Finanzhaie keine Spur. Deutschland ist mittlerweile sogar zu einem bevorzugten Jagdrevier ausländischer Fonds geworden, wie es viele Zeitungen in den letzten Jahren schon formulierten.
Wie die Aasgeier stürzen sich, auf Grund der sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen, solche Investfonds, sog. Hedgefonds und Private Equity bevorzugt auf mittelständische Betriebe und Konzerne. Verstärkt hat dies - die “rot-grüne” Regierung. Sie hat von Anfang an eine Politik zugunsten des Kapitals und der großen Banken betrieben, wie keine Regierung vor ihr. Während die Steuer- und Abgabenlast für die breite Bevölkerung ständig weiter erhöht wird, hat sie jene (Steuer-)Gesetze erlassen, welche das Kapital und die Inhaber dieser Fonds jubeln lassen. Ihre wachstumsfeindliche und die Verlagerung begünstigende Politik hat die Grundlagen für industrielle Produktion hierzulande weiter geschwächt und zum weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit, zusätzlich zur schärfer werdenden internationalen Konkurrenz, geführt. Die ökonomisch und technologisch irrwitzige Politik des Ausstiegs aus der Kernenergie und die damit verbundene künstliche Verteuerung der Energie zeitigt ihre Folgen. Parallel dazu hat sie durch die Hartz-Gesetze und Agenda2010 die Werktätigen und Arbeitslosen massiv weiter heruntergedrückt. Immer billiger soll die Arbeitskraft werden, so das Credo des Kapitals.

Es ist aber nicht nur die reine Profitgier, die besagte amerikanische Investfonds hier rücksichtslos die Betriebe ausschlachten läßt. Vieles deutet auch darauf hin, daß es eine gezielte Strategie des amerikanischen Kapitals und amerikanischer Fonds ist, auf diese Art und Weise ihren Konkurrenten Europa und vor allem auch Deutschland ökonomisch noch weiter herunterzudrücken. Eine Regierung, die das eigene Land und die Bevölkerung so rücksichtslos dem eigenen und internationalen Kapital ausliefert, muß weg! Vollkommen zurecht ist “Rot-Grün” bei den Wahlen in NRW abgestraft worden.

Damit alleine ist es aber nicht getan. Das gilt um so mehr, als es sich abzeichnet, daß eine mögliche CDU/FDP-Regierung genauso beabsichtigt, diese Politik weiter voranzutreiben. Egal, wer die neue Regierung künftig stellen mag, nur wenn die Werktätigen, Arbeitslosen und Bürger sich zusammenschließen – auch international - und dem Kapital den Kampf ansagen, wird dieser Liquidationspolitik Einhalt zu gebieten sein.

Auch die Art und Weise wie Betriebsratsvorsitzende und Gewerkschaften auf solche Entlassungs- und Zerschlagungspläne reagieren, steht in einer langen Reihe. Fast überall, wo Firmen zerschlagen werden, wo Produktion verlagert werden soll, gibt es Proteste und Demonstrationen der Belegschaften und der Regionen. Manchmal kommt es auch zu Warnstreiks. Diese Kämpfe aber werden immer isoliert geführt, jede Belegschaft kämpft für sich und somit von vornherein auf verlorenem Posten. Oft lassen sich gar die einzelnen Standorte gegeneinander ausspielen. Anstatt den Widerstand breit zu organisieren und wirksam zu unterstützen, verhandeln Betriebsratsvorsitzende und Gewerkschaftsvertreter lieber um “Sozial“pläne und möglichst hohe Abfindungen. Sie geben sich damit zufrieden, daß ja “das Schlimmste” verhindert werden konnte, daß “wir das Bestmögliche rausgeholt haben” usw.. Was für ein Selbstbetrug! Was für ein Betrug!

Jeder “Sozial”plan, selbst der beste, bedeutet unweigerlich Entlassungen. Und wenn die Abfindungen noch so hoch sind – wie nun auch bei Grohe. Jeder Arbeitsplatz, der heute kampflos verloren geht, ist unwiederbringlich dahin und raubt der Jugend weitere Zukunftsmöglichkeiten.

Und wenn, allen Schwierigkeiten zum Trotz, die Belegschaft zusammensteht und die Arbeit niederlegt, wie bei Opel in Bochum, dann werden sie von der Gewerkschaftsführung zurückgepfiffen oder gar schmählich im Stich gelassen. Immer mit dem Hinweis, daß man nur in Tarifauseinandersetzungen streiken darf.

Es ist an der Zeit, mit dieser Gewerkschaftsstrategie des Ruhighaltens, des Abwiegelns und des Pseudo-Widerstandes aufzuräumen. Es kann nicht länger angehen, daß man zwar für 1 oder 2% mehr Lohn streiken darf, aber nicht für den Erhalt der Arbeitsplätze oder der Standorte.

Wir brauchen das volle, uneingeschränkte Streikrecht!

Schluß mit dem Abwiegeln und immer wieder Nachgeben!

Schließen wir Werktätige und Arbeitslose uns zusammen, knüpfen wir betriebliche und überbetriebliche Verbindungen, auch international, und nehmen wir den Kampf auf für unsere Zukunft und für die Zukunft unserer Kinder!

11.6.05

 

www.neue-einheit.com