Internet Statement 2005-01

 

Zu dem Neuen Jahr 2005 grüßen wir alle revolutionären und kommunistischen Organisationen im Lande wie auf internationaler Ebene!

Sich auf den Klassenkampf im eigenen Land werfen!

1.Januar 2005             

Viele Gruppen in Deutschland wie auch in anderen europäischen Ländern werfen sich auf internationale Themen wie das Irak-Thema oder die Unterdrückung von Bewegungen auf anderen Kontinenten. Der Kampf hier aber beschränkt sich auf Eintreten für besonders schlecht Gestellte, der Klassenkampf im Lande wird mehr oder minder geleugnet. Wir meinen aber, daß es notwendig ist, sich auf den eigenen Klassenkampf zu werfen. Was heißt das?

Viele werden fragen: wo ist er denn, der eigene Klassenkampf? Ist das, was die Daimler-Benz-Arbeiter machen, Klassenkampf? Wenn, dann ist es nur eine ganz schwache Form davon. Die Betriebe kämpfen alle einzeln, und nirgendwo ist in diesem Klassenkampf eine prinzipielle Hinterfragung des kapitalistischen Systems zu spüren. Das ist bis jetzt ein Thema der sog. marginalisierten linken Organisationen und Gruppen. Aber der Klassenkampf existiert. Wenn die Bourgeoisie z.B. allein im letzten Jahr einige hunderttausend Arbeitsplätze verlagert hat, wenn sie seit Jahren die Freisetzung forciert und im jetzt beginnenden Jahr weiter forcieren will, was ist das anderes als Klassenkampf? Klassenkampf äußert sich manchmal auch in verschiedenen Formen, und das Bemühen der Bourgeoisie, die Produktion international zu verteilen und zu verlagern, sie dorthin zu bringen, wo aus verschiedenen Gründen vermeintlich günstige gesellschaftliche Bedingungen für ihre Kapitalreproduktion existieren – was ist auch das anderes als Klassenkampf? Wenn man die eigene Arbeiterklasse enthebt und entrechtet, wenn man ihr auf lange Sicht zumuten will, zu den gleichen entrechteten und gnadenlos niedrigen Lohnbedingungen zu arbeiten wie Völker und Nationen in einem Großteil der heutigen Welt, wenn das Kapital also Angleichung „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ in dieser Weise betreibt, was ist das anderes als Klassenkampf? Und wenn reformistische Organisationen und Gewerkschaften den Arbeitern über Jahrzehnte hinweg  in dieser Frage Sand in die Augen streuen, wenn einige sogar behauptet haben, die ganze Verlagerung sei nur eine Propagandamasche der Bourgeoisie, was ist das anderes als ideologischer Klassenkampf, der gegen die Arbeiterklasse auch von seiten dieser Organisationen geführt wird? Das betrifft z.B. die Gewerkschaftsführungen und ihre wissenschaftlichen Institute. Wie lange haben sie diesen Punkt verleugnet, obwohl er seit 1974 ganz offen ein dominanter Punkt in der Entwicklung dieses Landes ist ?

Man muß also die Äußerungen des Klassenkampfes verstehen. Er hängt in dieser Frage eng mit der nationalen Frage zusammen. Seit 1918 kämpft die deutsche Arbeiterklasse nicht nur gegen den Feind im Inneren, sondern auch gegen einen äußeren Feind. Der Faschismus selbst war ein Produkt internationaler und eigener reaktionärer Kräfte, eine Folge der wüsten Reaktion des I. Weltkriegs in Verbindung mit neuen kapitalistischen Kräften, die sich aus dem westlichen Kapitalismus, vor allem den USA, innerhalb dieses Landes festsetzten, sowie einer Reihe von Fehlern in der Arbeiterbewegung selbst, die dazu führten, daß sie diese Form der Reaktion unterschätzte und nur mit einer unzureichenden ökonomistischen und versimpelten Propaganda gegen die faschistischen Nazis zu Felde zog.

Nach 1945 setzte sich dieses internationale System fort. Die Bundesrepublik. war ein Vorposten, und viele Konzessionen wurden nur gemacht, weil das sozialistische Lager erfolgreich einen Aufbau begann, weil in China, in Korea und Vietnam erfolgreiche Revolutionen stattfanden, die den gesamten Kapitalismus in Frage stellten. Jetzt, wo die Bourgeoisie meint, diese Revolutionen und die militärischen Kräfte, die sich aus ihr ableiteten, existieren nicht mehr, wozu braucht man noch Sozialstaat? Die ganze Bundesrepublik ist ein Ergebnis des Klassenkampfes, und ändert sich die soziale Auseinandersetzung  in internationaler Hinsicht, verändert sich auch die Bundesrepublik. .

Es hat genügend Kenntnisse vor einigen Jahrzehnten in der aufbrechenden Generation der sechziger Jahre über diesen sozialen Kampf des 20 Jahrhunderts  gegeben, aber man hat systematisch mit Reformismus, mit sog. Umwelt-Ideologie, vor allem auch mit der Verbeamtung und der Privilegierung von zahlreichen deutschen Arbeitskräften, wie auch Wissenschaftlern und Intellektuellen solchen sozialen Bestrebungen auf breiterer Ebene die Grundlagen entzogen, und ihre Repräsentanten, die sich erbittert wehrten, an den Rand gedrückt. Die Kräfte aber, die in der heutigen Situation, in der dieses System sozialer Korrumpierung zusammenbricht, das Wissen über diesen Kapitalismus weiterhin  vernebeln, statt es wieder in die Gesellschaft hineinzutragen, arbeiten für die Gegenseite. Es ist nicht die Aufgabe, den „Sozialstaat“ der Vergangenheit zu verherrlichen, und ihn zum vorrangigen Gegenstand der Verteidigung zu machen, sondern vielmehr, den ihm zu Grunde liegenden historischen Betrug zu entlarven.

Das letzte Jahr hat einige Höhepunkte im sozialen Kampf gekannt. Nach der Demonstration am 1. November 2003, mit der sich die Hoffnungen für einen Wiederaufschwung der sozialen Bewegung in diesem Land verbanden, gab es eine Auseinandersetzung darüber, wie man weitermachen soll. Einige meinten, man müsse die Demonstrationsbewegung immer mehr vergrößern, dann würde man erfolgreich gegen die Hartz-IV-Gesetze (ALG II usw.)  vorgehen können. Aber es hat sich herausgestellt,  daß die Ansicht richtig war, daß selbst eine Demonstration von 500.000 oder 1 Million Menschen weder das Kapital noch die Regierung davon abbringt, diese Politik der sozialen Verschlechterung und Entrechtung zu betreiben. Ohne Vertiefung dieser Bewegung, ohne daß man sich über den Klassenkampf und den Kapitalismus selbst tiefer im Klaren wird, kommt man nicht weiter.

So versucht man heute eine sog. Wählerinitiative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit zu gründen, deren Hauptströmung darin besteht, das gerade erwachende Bewußtsein über die internationalen Zusammenhänge wieder zuzuschütten und die Politik der Sozialdemokratie und der Grünen, die schon damals Betrug waren, noch einmal aufzulegen.

Ein weiteres Märchen besteht darin, daß man die Umverteilung von unten nach oben in eine von oben nach unten verwandeln wolle. Auch schon vor 30 oder vierzig Jahren hatten wir vollkommen ungleiche Besitzverhältnisse. Das Kapital zahlte der Arbeitskraft, was sie zum Leben brauchte, manchmal mit einigen Konzessionen, selbst aber nahm es all das, was aus dem gewaltigen Produktivitätsfortschritt an Reichtum  resultierte, den allergrößten Anteil also, um damit auf internationaler Ebene den Konkurrenzkampf fortzusetzen. Also zog es aus der Lohnarbeit den Profit, wie schon seit Beginn seiner Existenz, und das  mußte logischerweise zu noch größeren Unterschieden führen. Es geht hier nicht um „Umverteilung“, sondern um Besitzverhältnisse, die sich in immer krasserer Weise reproduzieren. Und die Gesetze und Verwerfungen, die aus diesen Besitzverhältnissen auf der Welt folgen, erreichen nun auch die „privilegierten“ Werktätigen in der Bundesrepublik, deren Mehrheit sie lange nicht sehen wollte. Jede Verschleierung dieses Umstandes ist politische Arbeit auf der Gegenseite. Wir haben diese Umstände nicht zu verschleiern, sondern sie in jeder nur erdenklichen Weise in das Bewußtsein zu rufen. In der Entwicklung von 2001 bis 2004 liegt durchaus eine revolutionäre Komponente, wir haben nicht gegen diese revolutionäre Komponente zu demonstrieren, sondern haben mit ihr zu arbeiten.

In der zweiten Hälfte des Jahres gab es die Montagsdemonstrationen, bei denen allen Ernstes von verschiedenen Organisationen propagiert wurde, man könne durch die Demonstrationsentwicklung allein die Regierung und das ganze parlamentarische System daran hindern, ihre sog. sozialen Gesetze durchzuführen. Natürlich war das nicht möglich, denn das Kapital und die Regierung denken gar nicht daran, gegenüber diesen Forderungen nachzugeben.

Deshalb kommen wir zu Beginn des Jahres 2005 wieder dahin zurück, diese Auseinandersetzung wiederaufzugreifen. Die Hartz-Gesetze sind mit dem heutigen Tage in Kraft getreten, sie werden vielen Menschen erst in der Praxis zeigen, was sie wirklich bedeuten. Aber auch dann wird man nur dann dagegen mobilisieren können, wenn die Hintergründe dieser Gesetze und die Gesellschaft, die sie hervorgebracht hat, auf die Agenda der Diskussion der oppositionellen Kräfte kommen. Die sog. sozialen Gesetze von heute sind die Fortsetzung der sog. sozialen Politik von gestern. Die soziale Korrumpierung, die Verminderung der Produktion, die Augenwischerei vor der Arbeiterklasse, die seit Mitte der 70er Jahre dieses Land dominierten, müssen an einem bestimmten Punkt in die Richtung umschlagen, die wir heute haben. Das Kapital kann die soziale Korrumpierung und die Verwischung der tatsächlichen Gegensätze, etwa durch eine Hochstaatsschuldenpolitik, nicht auf immer betreiben. Es betreibt sie nur zeitweilig, um aus der Situation herauszukommen und dann um so härter zuzuschlagen.

In diesem Sinne kann man zu diesem Neujahr sagen: auf diesen eigenen Klassenkampf kommt es an. Wir wollen uns gern auch mit Überlegungen zu anderen Formen des Klassenkampfes auseinandersetzen und diskutieren und akzeptieren die verschiedensten Formen der Aktion, aber der Klassenkampf im Inneren, die Durchführung des sozialen Kampfes in Verbindung mit der ganzen internationalen Lage muß zum zentralen Kettenglied aller sich als links verstehenden Organisationen werden.

Dies ist wichtiger als der Kampf im Irak, wichtiger auch als der Einsatz für diese oder jene andere Bewegung, gleichwohl sie selbstverständlich Millionen von Menschen betreffen und  von großem sozialem Belang auf der Welt sind. Den größten Beitrag zu sozialen Belangen aber leisten wir dann, wenn wir im sozialen Kampf in Deutschland vorangehen und unweigerlich, auch aufgrund der zentralen Lage dieses Landes, weitere soziale Kämpfe in Europa und vielleicht sogar darüber hinaus auslösen. Der Fall der Ukraine zeigt, wie sehr der offene soziale Kampf auch in unsere Nähe rückt. Sozialen Konfliktstoff gibt es rund um den Globus und auch auf unserem eigenen Kontinent mehr als genug.

Darüber hinaus macht die ganze Entwicklung deutlich, daß wir für den Sturz der Schröder- und Fischer-Regierung kämpfen müssen. Diese Regierung kann zwar die Verweigerung der Teilnahme an dem Irakkrieg der USA und ihrer Verbündeten als einen Pluspunkt anführen. Mit jedem Tag aber geht unter dieser Regierung die Liquidierung der Produktion voran, wird weiter forciert, wird das Leben der Masse der Bevölkerung weiter erschwert und die Bürokratie verschlimmert. Diese Regierung ist der offenste Verbündete des großen Finanzkapitals, an dessen Spitze die Allianz-Gruppe und die Deutsche Bank stehen, aber auch im Verbunde mit dem großen ausländischen Kapital. Die Losung „Weg mit der Schröder-Regierung“ ist während des Jahres 2004 viele Male aufgestellt worden. Die Frage ist aber, wie sie aufgestellt wird. Wenn man die Illusion nährt, die Hartz-Gesetze seien die Folge dieser Regierung, dann betrügt man, weil von einer konservativen Regierung nichts anderes zu erwarten ist. Wenn man aber den besonderen Eifer dieser Regierung, das gesamte ökonomische Leben mit Erschwernissen zu behaften, angreift, dann packt man sie bei ihren besonders reaktionären Eigenschaften, dann ist auch der Sturz mit anderen Folgen behaftet. Die Partei der Grünen repräsentiert immer schon eine besonderes reaktionäre, nach hinten gerichtete Kritik am Kapitalismus, die in fatalen Ergebnissen für die gesamte Gesellschaft enden muß, deren Folgen vor allem aber die breite Masse zu tragen hat. Eben das gleiche läßt sich für erhebliche Teile des sozialdemokratischen Programms, wie für die sogenannten Wertkonservativen, wie auch für die Revisionisten verschiedener Couleur sagen, die allesamt mit dem sog. Ökologismus, einer reaktionären Kritik des Kapitalismus, einer substantiellen Hetze gegen die gesamte revolutionäre Entwicklung der letzten 200 Jahre ganz ähnlich den Faschisten das Wort reden.

Internationale Grüße zu Neujahr

Zu diesem Neujahr grüßen wir auch alle revolutionären marxistisch-leninistischen Organisationen auf der Welt, die wie wir die Unvermeidlichkeit des Klassenkampfes, des revolutionären Kampfes um den Sozialismus und Kommunismus sehen und an seiner Durchführung entgegen allen Widrigkeiten arbeiten.

Offen gesagt, es ist immer noch sehr schwierig, eine wirkliche praktische Solidarität auf internationaler Ebene herzustellen  Die Unterschiede der Länder sind riesig. Es ist schwer für einen Arbeiter in der Dritten Welt, der ein Fünfzigstel des Lohns eines Arbeiters der entwickelten Länder zur Zeit bekommt, zu sagen, er muß sich solidarisch mit diesem zusammenschließen. Umgekehrt fehlt den Arbeitern in den entwickelten Ländern oft jede Vorstellung von den Bedingungen der Arbeiter in den armen Ländern, und sie übersehen sie auch in einer Form von Arroganz. Das internationale System ist ein System verschachtelter Ausbeutung und Hierarchien auch unter den Staaten, das den ganzen Kampf der Sozialisten erschwert. Aber auf der Grundlage des proletarischen Internationalismus meinen wir, wenn das Bemühen besteht, sich wohlwollend gegenseitig zu verstehen, daß die Diskussion unbedingt vertieft werden kann und muß, daß Emissäre zwischen den verschiedenen Organisationen hin und her wandern müssen und die Organisationen versuchen müssen, auch auf internationaler Ebene zu einer Einheit zu kommen.

Die Zersplitterung in fast allen Ländern hat eine äußerst komplizierte Lage ergeben, wie sie am Beispiel der Ukraine besonders deutlich sichtbar ist. Hier kämpft eine vom Kapital geförderte Bewegung, die einer großen Zahl von Menschen die Befreiung von verkrusteten Strukturen vorgaukelt, in Wirklichkeit radikalen Neokapitalismus und zum Teil rechte Diktatur anstrebt, gegen überkommene bürokratische oligarchische Strukturen, welche alle beide in unversöhnlichem Widerspruch zur Masse der Bevölkerung stehen, die in einem vergleichsweise großen Elend lebt. Aber keine einzige linke oder revolutionäre Organisation im Land kann spürbar die Kraft der Massen gegenüber diesen beiden Gruppierungen entfalten, obwohl es sie sicher an diesem oder jenem Ort, an diesem oder jenem Betrieb gibt.

Diese Lage kann sich ähnlich in anderen Ländern in Konfliktsituationen wiederholen. Rechte, faschistische Kräfte können aus solchen Situationen ihren Gewinn schlagen. Heute ist es die absolute Pflicht aller Revolutionäre, Marxisten-Leninisten und Kommunisten, den internationalen Zusammenschluß zu suchen, auch über den Zusammenschluß innerhalb der einzelnen Staaten hinaus.

In diesem Sinne grüßen wir alle Organisationen, die wir nur erreichen können, und hoffen, daß das Jahr 2005 zu einigen entscheidenden Schritten in dieser Hinsicht führt.

Gruppe Neue Einheit

 

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