Internet-Statement 2003-41 

 

Der Black-out in den USA, die Frage der sicheren Stromversorgung in Deutschland und die Ansichten von Ver.di

25.8.03                            

Der Zusammenbruch der Stromversorgung in großen Gebieten der nordöstlichen USA hat in der Tat gezeigt, wohin der profitsüchtige Kapitalismus führt, der sich solcher zentraler Einrichtungen wie der Energieversorgung bemächtigt. Um hohe Profitraten zu garantieren und vor den Aktionären zu glänzen, wurden die notwendigen Investitionen in die Leitungen gespart und Gebiete, in denen viele Millionen von Menschen konzentriert sind, einem maroden Leitungssystem ausgesetzt, das an der Grenze seiner Kapazitäten ausgelastet ist. Ein Ausfall eines einzigen Punktes genügt dann, um ganze Regionen ins Dunkle zu setzen.

Dies führt zurecht zu erneuten Diskussionen über die Energieversorgung in diesem Land.

Wir haben hier aber seit langem eine andere Energiedebatte gehabt, die in einem deutlichen Widerspruch dazu steht. Bei uns wurde lange Zeit gefordert, daß der "Energieüberhang" verschwindet. Eine zentrale Losung der Anti-AKW-Ideologen war, den "Energieüberhang" zu streichen, dann könne man sich die Kernenergie sparen. "Energie sparen" war die zentrale Losung aller bürgerlichen Parteien, und wurde es auch eine Zeitlang bei den Gewerkschaften.

Jetzt nimmt Ver.di den Black-out in den USA zum Anlaß einer Stellungnahme: "Probleme mit der Stromversorgung auch in Deutschland künftig möglich". Darin wird dem Kapital hier vorgeworfen, daß es im Preiskampf ebenfalls notwendige Investitionen unterläßt und Kostensenkungsprogramme mit Stellenabbau durchführt, die dann in Zukunft ebenfalls solche Phänomene der maroden Energiewirtschaft möglich machen. Das ist für sich genommen nicht falsch, aber wenn man sich einmal vor Augen führt, was Ver.di insgesamt und bestimmte Kräfte, die innerhalb dieser großen Gewerkschaft besonders aktiv sind, seit langer Zeit in der Energieversorgungsfrage vertreten, wird diese Stellungnahme als ein Musterfall von Heuchelei deutlich. Diese Tatsache bedarf durchaus der Beachtung auch im Zusammenhang mit den Stellungnahmen von Ver.di zu anderen, zu sozialen Fragen. Man muß Ver.di fragen:

- Ist nicht an eurer Spitze selbst ein Grüner, Mitglied der Partei, die jahrzehntelang als zentrale Losung vertreten hat, man müsse die Energie verknappen und die Arbeitskraft verbilligen? Der Kampf gegen "Überkapazitäten auf dem Energiesektor" gehörte jahrzehntelang zu den Grundlosungen aller Grünen und damit verwandten Richtungen, also auch eines Großteils von Ver.di.

- Habt ihr, die Grünen in Ver.di und ideologisch verwandte Kräfte, nicht die Forderung nach der schnellen Abschaltung der Kernenergie unterstützt? Seid ihr nicht an der Demontage der Kernenergie mit allen ihren Konsequenzen aktiv beteiligt? Habt ihr nicht früher den sog. Kampf gegen "Energiefetischismus" betrieben? Haben nicht Leute aus den Grünen sogar den Begriff des "Elektrofaschismus" - welch eine Idiotie! - geprägt? Jetzt anscheinend aus der entgegengesetzten Richtung zu kommen - da stimmt doch etwas nicht!

Und schließlich befindet sich im Programm der Sozialdemokraten und der Grünen und auch maßgeblicher Kreise von Ver.di doch die Förderung der sog. erneuerbaren Energien. Hier muß nochmals betont werden, daß dieser Begriff schon für sich demagogisch ist, denn "erneuerbare Energien" gibt es naturwissenschaftlich gesehen gar nicht. Gemeint sind einfache Formen der Energiegewinnung wie z.B. aus Wind, aus der Erde und ähnliches. Die Windenergie ist eine Scharlatanerie, die auf den Haushalten in der Bundesrepublik lastet, die diese Absurdität durch umgewälzte Beiträge bezahlen. Würde man die Windenergie zur Grundlage machen, dann hätte man den sicherste Grundlage zur Verbreitung der Unsicherheit in der Versorgung, um es einmal paradox auszudrücken. Der Gedanke, ein Industrieland zu einem erheblichen Teil auf Windenergie umzustellen, würde in der Praxis dazu führen, daß in jeder Situation Energieverknappungen eintreten würden. Leute, die das fordern, können sich schwerlich als Richter aufspielen.
Hier haben wir ein Beispiel dafür, daß eine Kritik an reaktionären kapitalistischen Erscheinungen mitunter auch von einer noch reaktionäreren kleinbürgerlichen und bürokratisch-kapitalistischen Seite geübt wird, und diese ist in Ver.di nicht wenig vertreten. In ähnlicher Weise hat das IG-Metall-Vorstandsmitglied Wolfgang Rhode noch vor kurzem gefordert, man solle eine Restriktion der sog. Erneuerbaren Energien nicht zulassen und vor allem die Förderung der Windenergie fortsetzen.
Die Verbreitung der sog. ökologischen Ideen in den Gewerkschaften seit den 80er Jahren ging mit dem Verrat ihrer sozialen Forderungen direkt einher. Je mehr sie sich davon abwandten, die sozial gerechtfertigten Forderungen der Lohnabhängigen zu vertreten, desto mehr machten sie auf "Öko".
Wenn es in den Gewerkschaften jetzt Kräfte gibt, die erneut den Kampf gegen die völlige soziale Entrechtung führen wollen, und zum Glück gibt es sie ja in einer gewissen Zahl und sie machen sich auch in der Öffentlichkeit etwas bemerkbar, so muß klar sein, daß von den ultrareaktionären Konzeptionen von grüner Energierestriktion, grünen Energiespargesetzen und grünem Abbau der Kapazitäten, der in genau solchen Katastrophen enden würde wie in den USA, Abschied genommen wird. Die Industriegesellschaft braucht Energie jedenfalls in einem gewissen Überfluß und Überhang, das muß als Prinzip festgeschrieben werden. Dazu sind moderne und zuverlässige Formen der Energiegewinnung notwendig.
Die Seite der Energiesparer ist eine Seite der Reaktion! Nicht umsonst sind eine Zeitlang alle bürgerlichen Parteien mit diesem Grundslogan herumgelaufen. Die Beherrschung der Natur aber ist die Grundlage des sozialen Emanzipationsprozesses des Menschen, die Grundlage seiner Freiheit - diesen elementaren Gedanken, den der Sozialismus frühzeitig übernahm, haben diese Leute (bewußt) vergessen.

RedNE - hd

 


Antwort an Dieter Stolpe (kommunismus-online.de / OKF-Süd) zu "Der Black-out in den USA, die Frage der sicheren Stromversorgung und die Ansichten von Ver.di"

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